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Einsatz für die Schädlingsbekämpfer Kampf gegen Windmühlen? Wie Bitterfeld-Wolfen jetzt gegen den Eichenprozessionsspinner vorgeht

In Bitterfeld-Wolfen hat am Dienstag der jährliche Kampf gegen einen sich ausbreitenden Schädling begonnen: den Raupen des Eichenprozessionsspinners.

Von Robert Martin 28.05.2022, 09:00
Martin Graf steuert per Fernbedienung die Nebelmaschine, die dem Nachwuchs des Eichenprozessionsspinners den Garaus machen soll.
Martin Graf steuert per Fernbedienung die Nebelmaschine, die dem Nachwuchs des Eichenprozessionsspinners den Garaus machen soll. (Foto: Robert Martin)

Bitterfeld/Thalheim/MZ - Es ist ein kurioses Gefährt, das am Dienstagvormittag auf der Guardianstraße zwischen Thalheim und Wolfen auf dem Fußweg unterwegs ist. Zwei Jungs auf Fahrrädern bleiben kurz stehen, ihre offenen Münder sprechen Bände. Denn auf dem weißen Pick-up versprüht eine rüsselartige Maschine weißen Nebel in Richtung der Baumkronen.

Neben dem Gefährt, das von seinem Kollegen gesteuert wird, läuft Martin Graf. Er ist Schädlingsbekämpfer und arbeitet am Dienstag seit halb sieben im Auftrag der Biederitzer Firma Enviro Pest Control daran, im Stadtgebiet Bitterfeld-Wolfen einer Raupe den Garaus zu machen: genauer gesagt dem Nachwuchs des Eichenprozessionsspinners.

Die kleinen Raupen sind in den vergangenen Jahren immer mehr zur Plage geworden

Beim dem Insekt handelt es sich um einen kleinen, grau-braunen Nachtfalter, der im jungen Stadium ein Problem ist. Die Haare seiner Raupen rufen bei Hautkontakt allergische Reaktionen hervor. Die sind zum Teil so heftig, dass Betroffene notärztlicher Hilfe bedürfen. Grund hierfür sind die Brennhaare der Larven, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten, das bei Menschen wie Tieren zu schweren allergischen Reaktionen führen kann.

Die kleinen Raupen sind in den vergangenen Jahren immer mehr zur Plage geworden. Denn obwohl der Eichenprozessionsspinner eine einheimische Art ist, vermehren sie sich vor allem nach Dürrejahren - und von denen gab es leider in den letzten Jahren viele. Bleibt dazu noch der Winter aus, sind die Bedingungen für die massenhafte Fortpflanzung ideal.

Um die Bevölkerung zu schützen, setzen die Schädlingsbekämpfer indes nicht auf die Chemiekeule

Und dann ist auch der Baum in Gefahr. „Ein gesunder Baum kann diesen Schädlingsbefall durchaus überstehen“, weiß Mario Schulze, Sachgebietsleiter Öffentliche Anlagen bei der Stadt Bitterfeld-Wolfen. Doch wenn auch die Gesundheit der Eichen durch Dürren und andere Umwelteinflüsse leiden, haben die Schädlinge leichtes Spiel.

Also muss die Stadt sich anderer Mittel behelfen und beauftragt die Spezialfirma Enviro Pest Control mit der Aufgabe. Vorbeugend, wie Schulze betont. Denn alle Eichen im Stadtgebiet vorher abzusuchen, sei unrealistisch und nicht machbar. Um die Bevölkerung zu schützen, setzen die Schädlingsbekämpfer indes nicht auf die Chemiekeule, sondern auf biologische Methoden. Dabei kommen Bakterienpräparate zum Einsatz, die auf die Blattkronen aufgesprüht werden - die Jungraupen sterben nach dem Fressen der behandelten Blätter ab.

„Das ist natürlich dem Klimawandel geschuldet“

Doch das reicht wohl nicht, um das Problem langfristig zu lösen. Mario Thomas, Geschäftsführer von Enviro Pest Control, ist seit über 15 Jahren in dem Bereich tätig und erinnert sich daran, dass sich die Art Ende der 2000er Jahre „explosionsartig“ vermehrte. „Damals dachte man noch, dass die Populationen auf natürliche Weise im Zaum gehalten werden. Das ist nicht eingetreten“, sagt er. „Das ist natürlich dem Klimawandel geschuldet.“

Der sprichwörtliche Kampf gegen Windmühlen also für Städte und Gemeinden. Privatleuten rät der Experte, bei einem Verdacht auf Kontakt nicht selber Hand anzulegen und Kleidung bei 60 Grad zu waschen. Die Haare seien nämlich drei Jahre giftig.