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Jüngste Band sucht noch Namen

Von ULJANA WUTTIG-VOGLER 31.03.2010, 16:30

BITTERFELD/MZ. - "Mensch, das ist vielleicht ein Mist", sagt William Lorenz und sein Gesicht wird dabei immer länger. "Wir haben jetzt Ferien. Da brauche ich zwar nicht zur Schule gehen, aber in der Musikschule wird auch nicht unterrichtet."

Hinter dem Neunjährigen aus Friedersdorf, der Klavier und Keyboard spielt, liegen gerade eine mehr als einstündige Probe und ein Auftritt auf einer Seniorenveranstaltung. Davon ist allerdings nur wenig zu spüren. "Willy" - wie er von allen genannt wird - ist top in Form. Er trällert sogar noch ein kleines Liedchen, springt ein bisschen hin und her, während er sich von seinen Mitstreitern verabschiedet.

Seine Mitstreiter sind die zehnjährige Josephine Zängler (Gesang), der zehnjährige Henri Henze (Keyboard), der 12-jährige Tony Gräfe (Keyboard) und Nico Pertus (Schlagzeug), der an diesem Tag leider nicht zur Probe kommen konnte. Sie alle fünf gehören der jüngsten Band an, die an der Musikschule König in Bitterfeld seit etwa einem halben Jahr besteht.

Einen Namen hat sie noch nicht. Das liege ganz allein an den Jungen, meint Josephine. "Das ist sehr anstrengend mit denen. Die können sich einfach nicht entscheiden, obwohl ich schon viele Vorschläge gemacht hat." Was wäre mit Crazy Frogs (Verrückte Frösche)?, wirft sie erneut in die Runde. Erst sind die Jungs begeistert, weil sie dann einen Frosch mit herausgesteckter Zunge ihr Markenzeichen nennen könnten, aber dann winken sie doch ab.

"Lasst uns anfangen, wir haben heute nicht so viel Zeit", sagt Band-Chef Sven Hiller. Aber ganz so einfach, wie er sich das vorgestellt hat, ist das dann doch nicht. Denn die Vier müssen erst einmal, während der eine oder andere noch etwas in seiner Tasche sucht, ein paar Neuigkeiten austauschen. Schreibt ihr auch zwei Klassenarbeiten in Mathe?, will Josephine von Tony wissen. Der brummt ein kleines Ja zur Antwort. Henri möchte von den anderen erfahren, ob sie auch am Wochenende "Herr der Ringe gesehen" haben. "Mensch, der war geil." Und, und....

"Kommt langsam runter, beruhigt euch", versucht Hiller, die hummelige Schar zur Ruhe zu bringen. Das gelingt dann auch und die Probe, zu der sich die Band einmal im Monat in dem kleinen Studio unter dem Dach der Musikschule trifft, kann beginnen. Gespielt werden moderne poppige Lieder, zwei hat die Band schon drauf: "Nichts bringt mich runter" von "Ich und Ich" sowie von Katy Perry "HOT 'N' COLD". Am Donnerstag soll das dritte Lied erarbeitet werden. "The Show" von Lenka, einer eher unbekannten Sängerin. "Ich bin nur ein bisschen gefangen in der Mitte. Das Leben ist ein Irrgarten und die Liebe ein Rätsel. Ich weiß nicht, wo ich hin soll. Ich kann es nicht alleine", heißt es darin.

Josephine beherrscht diesen Text auf Englisch, da kann ihr keiner etwas vormachen. Die Zehnjährige, die nicht nur singt, sondern auch Klavier spielt, ist mit viel Elan bei der Sache. Sie hat viel Spaß an der Musik, nur manchmal wird sie etwas kribbelig, wenn der eine oder andere Einsatz nicht so klappt, wie sie das vorstellt.

Gespielt wird ohne Noten. "Das müssen sie können", sagt Sven Hiller. Und wieder geht es von vorn los. "Macht doch auch einmal ein freundliches Gesicht, ein Lächeln für das Publikum gehört doch dazu. Im Juni könnt ihr auch nicht so miesepetrig auf der Bühne stehen", ermuntert er seine Band, die von ihm begeistert ist. "Auch wenn er manchmal streng ist, aber das muss er auch sein, ist er ein toller Bandleiter", finden Josephine und ihre Mistreiter.

Für den 19. Juni haben die Musikschule König und die Musikschule Bitterfeld-Wolfen eine große gemeinsame Veranstaltung unter dem Titel "Ein Landkreis und seine Schüler" geplant. "Wir wollen zum einen gemeinsam etwas auf die Beine stellen und zum anderen den Menschen eine Freude machen. Das kann Musik", sagt Reinhard Hiller. Er hat 1985 den Musikinstrumenten-Laden in Bitterfeld übernommen und 1991 die Musikschule gegründet. Das anstehende 25-jährige Jubiläum will er dennoch nicht feiern. "Ich mag so große Feiern nicht", betont er.

Pro Schuljahr werden an der Musikschule an die 100 Schüler unterrichtet, die Fluktuation sei relativ gering. Der älteste Schüler ist 77 Jahre alt und lernt Keyboard.

Indes kann sich die kleine Schar im kleinen Studio unter dem Dach nicht mehr so konzentrieren wie am Anfang. "Findet ihr es auch gut, dass Lena Meyer-Landrut nach Oslo fährt", nutzt Josephine eine kleine Pause für eine Diskussion. Diese Frage wird hin und her debattiert. Schließlich einigt man sich darauf, dass es, wenn man weit nach oben kommen will, nicht reicht, gut singen zu können. "Man muss ein etwas verrückt sein. Und ein gewisser Typ sein, Ausstrahlung haben. Das ist das Allerwichtigste", sagt Sven Hiller.

Ob die Vier einmal Berufsmusiker werden, das wird sich zeigen. Tony und Henri meinen dazu: "Es kommt, wie es kommt." Josephine ist da ganz anderer Meinung. "Ich will keine berühmte Sängerin sein. Die nehmen alle Drogen und werden krank. Ich will nicht krank werden", unterstreicht sie voller Überzeugung.