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Johann Jacob Reiske Johann Jacob Reiske: Schüler entdecken Biografien

Von Ulf Rostalsky 10.02.2004, 17:26

Zörbig/MZ. - Die Geschichte Zörbigs hat es Hans-Werner Trummel angetan. Hier, wo historisch so viel Bedeutsames geschah, in der Stadt, die einst sogar Residenzstadt war, wurde Johann Jacob Reiske geboren. "Ein großer Sohn Zörbigs", so Trummel. Ein Freund Mendelsohns und Lessings, ein Universalgenie der deutschen Aufklärung. Beinahe zufällig wurde der Name Reiske in das Sandersdorfer Anne-Frank-Gymnasium getragen.

Dort wie anderswo auch, glaubt Trummel, käme die Epoche der Aufklärung in der deutschen Geschichte eher schlecht weg. Verbundenheit mit der Region wachse auch mit der Kenntnis ihrer Vergangenheit, fügt er hinzu und fand in Konstanze Gernert, Sabine Liesche, Bianca Schmeiß und Willi Wenzel vier Abiturienten, die sich der Person Reiskes annehmen wollten. In der Freizeit, ohne Druck, aber auch ohne Aussicht auf Belohung durch gute Noten.

Konstanze Gernert lebt in Zörbig. Über Reiske ist sie nunmehr bestens informiert, wie die große Zahl der Besucher im Zörbiger Heimatmuseum erfahren konnte. Dorthin hatten die Gymnasiasten eingeladen, um gemeinsam mit Schülern der Kreismusikschule einen musikalisch-literarischen Abend zu gestalten, der zuvor an der Leipziger Uni für Aufsehen gesorgt hatte.

Doch um Aufsehen allein geht es den jungen Leuten nicht. Sie haben sich mit Reiskes Leben befasst und glauben, dass seine Wissbegier sein großer Trumpf , aber auch sein Nachteil war. "Er verzettelte sich", vermutet Bianca Schmeiß. Reiske, geboren am 25. Dezember 1716 in Zörbig, war Multitalent seiner Zeit. Er war Sprachwissenschaftler, Mediziner, Theologe, Arabist, Numismatiker - ein Gelehrter des 18. Jahrhunderts. Aber auch ein Mann, der ohne starke Frau nicht zu dem geworden wäre, was er war.

Reiske gelangte nach Schule in Zörbig, Studium in Leipzig und Leiden in den Hafen der Ehe. Die Auserwählte: Ernestine Christine Müller. "Fräulein Müller" nennen sie die Schüler und wissen, dass die Ehe wohl eher ein Zweckbündnis auf intellektueller Basis war. Keine Kinder, dafür aber Reiskes Arbeit als Rektor der Leipziger Nikolaischule und zahlreiche Veröffentlichungen. Das Interesse am Orient verband die Eheleute, der Verdacht einer Beziehung Ernestines mit Reiske-Freund Lessing überschattet die Ehe, stellen die Schüler fest.

Johann Jacob Reiske stirbt am 14. August 1774, seine Frau am 27. Juli 1798. Hinterlassen haben sie der Nachwelt vor allen Dingen wissenschaftliche Arbeiten. Darunter solche, die sogar in Indonesien Beachtung finden, wie Orientalismus-Forscher aus Leipzig an diesem Abend sagten.