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Jeßnitz hat landesweit viele Schwestern

Von Helmut Ernst 26.01.2005, 17:36

Jeßnitz/MZ. - Sicher ist, dass es zwischen Jeßnitz und Altjeßnitz im Kreis Bitterfeld direkte Verbindungen gibt. Jeßnitz' Wurzeln sind in Altjeßnitz zu suchen. Altjeßnitz ist - wie schon der Name sagt - älter als Jeßnitz. Für die Stadt an der Mulde ist 1259 das Jahr der urkundlichen Ersterwähnung. Die Originalurkunde ist zwar nicht mehr erhalten, aber eine Abschrift derselben aus dem 15. Jahrhundert. 2009 also kann Jeßnitz - so es denn kann - eine 750-Jahrfeier ausrichten. Im 16. Jahrhundert wird das heutige Jeßnitz auch als Neu-Jeßnitz bezeichnet, um den Unterschied zum alten zu betonen.

Jeßnitz - gleich ob alt oder neu - gibt es nicht nur im Kreis Bitterfeld. Im Raum Bautzen (Freistaat Sachsen) beispielsweise gibt es Jeßnitz gleich dreimal. Das eine Jeßnitz ist seit 1945 in Puschwitz eingemeindet. Im Jahr 1458 wird es erstmals als Jessenitz erwähnt. Ein sehr kleines Jeßnitz findet sich bei Kubschütz. Noch im 19. Jahrhundert wird das 14-Seelen-Dorf als "Jeßnitz im Gebirge" gekennzeichnet. Fast in Vergessenheit geraten ist das Jeßnitz im heutigen Polen. Es gehörte ehemals zum Kreis Guben. Alle diese Orte liegen im Sorbengebiet und so darf es nicht verwundern, dass sie auch die sorbische Bezeichnung Jasenca tragen.

Im Mecklenburgischen gibt es ein Jessenitz, das zur Stadt Löbthen gehört. Das Jeßnitz im Kreis Döbeln (Sachsen) war einst ein Ortsteil von Mockritz und gehört heute zu Großweitzschen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Aber gibt es Gemeinsamkeiten aller dieser und anderer Jeßnitz? Den sächsischen Jeßnitz ist gemeinsam, dass sie Rittergüter hatten, deren Besitzer aber offenbar nichts miteinander zu tun hatten und auch nicht einem Geschlecht etwa derer von Jeßnitz entstammten.

Bisher waren die Sprachwissenschaftler der Auffassung, Jeßnitz leite sich aus dem Mittelhochdeutschen für Esche ab. Nach neuesten Versionen steht es für Wallen, Gären oder Schäumen. Liegen die Orte an oder zumindest in der Nähe munterer Flüsse oder Bäche? Für das hiesige Jeßnitz trifft das zu, bei anderen eher nicht.

Und wie steht es um einen etwaigen Familiennamen Jeßnitz? Bei mir erkundigte sich einmal ein Herr Jeßnitz, ob ich ihm bei der Herkunft seines Namens behilflich sein kann. Seine Vorfahren in früherer Zeit hießen mit Sicherheit weder Esche noch Schäumender oder gar Wallender. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie einst aus einem Ort Jeßnitz abwanderten. Da es in grauer Vorzeit noch keine Nachnamen gab, waren sie eben Hans oder Kurt (aus) Jeßnitz. Das "aus" ließ man dann irgendwann - etwa im 15. Jahrhundert - praktischer Weise weg. Das gilt auch für Nachnamen wie Halle oder Erfurt.