Hochwasser Hochwasser: Leute erwarten Handeln

friedersdorf/MZ - Familie Böhmer ist ein Stein vom Herzen gefallen. Sie gehört zu den am meisten Gefährdeten in Friedersdorf, die betroffen sein können, wenn das Wasser aus der Goitzsche über die B 100 läuft und sich seinen Weg in die Gemeinde sucht. Doch jetzt ist die Gefahr erst einmal vorbei. Die Sandsäcke, die das Haus schützen sollten, haben ihren Dienst vorerst beendet.
Von der Flut 2002 betroffen
Was mit den gefüllten Säcken wird, weiß Petra Böhmer am Sonnabend noch nicht. Da ist sie gerade mal zu Hause und schaut nach dem Rechten - ansonsten ist die Familie momentan bei Verwandten untergebracht. In Friedersdorf ist zu diesem Zeitpunkt ebenso wie in Bitterfeld noch Evakuierung angesagt, allerdings nur in jenem Teil westlich der Muldensteiner Straße.
Dort liegt auch der Wiesenweg, wo die Böhmers wohnen. Sie haben nicht nur Sandsäcke aufgeschichtet, sondern auch Möbel und andere Dinge in die Garage geräumt - vom Keller. Denn dort stand bei der Jahrhundertflut 2002 das Wasser um die 1,40/1,50 Meter, wie Petra Böhmer berichtet.
Daran erinnert sie sich nicht gern, denn die Räumlichkeiten sind als Wohnkeller eingerichtet. Und wie ist die Stimmung gerade? „Mal sind wir optimistisch, dass es uns diesmal nicht trifft, und dann wieder nicht. Es schwankt eigentlich immer so hin und her.“ Zwar ist diese Frage jetzt beantwortet, doch zufrieden ist Petra Böhmer dennoch nicht. „Es ist schlimm, dass man keine Lehren gezogen hat aus 2002“, sagt sie. „Die Goitzsche ist immer unberechenbar, und das Auslaufbauwerk ist der niedrigste Punkt. Dass an den Schwachstellen nichts unternommen wird, verstehen wir nicht.“
Auch Sabine Gutjahr ist der festen Überzeugung, dass man sich mit der Goitzsche und dem Seelhausener See jetzt endlich etwas einfallen lassen muss. „Das Problem ist nun mal da.“ Die Inhaberin des Gasthofes „Zum Stern“ ist zwar nicht direkt vom Hochwasser betroffen und meint, dass das Objekt hoch genug gelegen ist, um auch künftig verschont zu bleiben. Allerdings: „Das Grundwasser drückt auch bei uns im Keller hoch - und das erst, seit die Goitzsche da ist.“ Verglichen mit der Lage der richtig Betroffenen, sei das aber zu händeln.
Verfolgt hat sie das Drama natürlich auch. „Der Live-Ticker der MZ und das Internet insgesamt waren da in letzter Zeit besonders hilfreich.“ Dennoch spürt auch sie die Auswirkungen der Hochwassersituation an sich. Für den gesamten Juni hat sie schon Stornierungen für Übernachtungen in ihrer Pension hinnehmen müssen. Zum einen, weil sich die Besucher wohl nicht sicher sind, ob sie sich herwagen sollen. Und andererseits zählt sie viele Fahrrad-Touristen zu ihren Gästen. „Die wissen, dass die Radwege noch eine ganze Weile nicht befahrbar sein werden.“
Sabine Gutjahr weiß, dass sie mit ihrem Problem nicht allein dasteht. „Es wird vielen Gastronomen so gehen. Und damit sind wir indirekt auch von dem Ganzen betroffen, wenn der Umsatz fehlt. Das ist dann unser Problem.“
Mulde strömt durch das Wehr
Das Grundstück von Dagmar und Bernd Rennert in der Kraftwerkstraße liegt zwar direkt an der Mulde, doch Angst haben die beiden nicht. „Wir liegen hoch genug, da müsste von Bitterfeld schon nichts mehr zu sehen sein, ehe das Wasser auch zu uns käme.“
Aus ihrem Garten blicken sie direkt auf das Muldewehr, und von dort aus ist seit Tagen das Rauschen der gewaltigen Wassermassen zu hören. Ist sonst nur eine der Kammern geöffnet, strömt der Fluss nun in seiner gesamten Breite durch das Wehr.