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Hochwasser in Bitterfeld und Mühlbeck Hochwasser in Bitterfeld und Mühlbeck: Pumpen marsch!

Von Detmar Oppenkowski 07.06.2013, 18:32
50.000 Liter pro Sekunde pumpt das THW aus der Goitzsche in die Mulde.
50.000 Liter pro Sekunde pumpt das THW aus der Goitzsche in die Mulde. André Kehrer Lizenz

Bitterfeld/Mühlbeck/MZ - Was man mit dem Auge nicht sofort sieht, bestätigt die GPS-Messstation in Mühlbeck: Die Goitzsche steigt am Mittwoch langsam, aber kontinuierlich an. Das dokumentiert Dirk Franke. Für die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) erhebt der Vermessungstechniker alle 15 Minuten die aktuellsten Daten. Gegen 12.15 Uhr hat der See die Marke von 76 Metern Normalhöhennull (NHN) überschritten. „Die Tendenz ist weiter steigend“, sagt er. Eigentlich ist der Höchststand der Goitzsche mit 75 Metern bemessen. Dass der Wasserspiegel aufgrund des Zustroms aus dem Seelhausener See nun bereits einen Meter höher liegt, hat für alle Anrainer unmittelbare Auswirkungen.

Das sieht man auch im Bereich der Marina am Bernsteinsee. Das Wasser hat hier die Oberkante der Ufermauer bereits erreicht und droht überzuschwappen. Daher müssen zuerst die verbliebenen Jollen in Sicherheit gebracht werden. „Wir müssen sie ins Schilf fahren und dort aneinander anbinden“, sagt Seensucht-Chef Andreas Beuster. Anders ergeht es dem Segelboot der Familie Müller. Es wird im selben Moment aus dem Wasser gezogen und auf Rollen auf einen kleinen Abhang transportiert. Hier stehen bereits Tretboote. „Wir haben Angst, dass die Marina wegschwimmt“, sagt Stefan Müller besorgt. Daher überlegen der IPG-Geschäftsführer Werner Rienäcker und Stadtrat Klaus Gatter, wie die Marina demontiert werden kann. „Wir versuchen jetzt alles in Sicherheit zu bringen“, so Gatter.

Verwaiste Seebrücke

Während hier emsiges Treiben herrscht, ist die Seebrücke verwaist. Seit Tagen ist der Zugang zum Pegelturm gesperrt. Schon von Weitem sieht man, dass sich die Pontons leicht verschieben. Da stellt sich die Frage: Wird die Brücke dem Druck der Wassermassen standhalten? Viele Gerüchte kursieren. Auch das, dass die Seebrücke in letzter Minute demontiert werden soll.

Doch das dementiert der Geschäftsführer des Goitzsche-Zweckverbandes Klaus Hamerla. „Am Dienstag waren Monteure des Herstellers da und haben die Ketten, mit denen die schwimmende Brücke am Seeboden verankert ist, verlängert.“ Nun könnte sie mit dem Pegel weiter aufsteigen - bis die Ketten zu Ende sind. Und dann? Hamerla hebt die Schultern: „Das kann keiner sagen. Entweder die Ketten reißen. Oder die Splinte in den Pontons, an denen die Ketten befestigt sind, werden von der Wucht des Wassers rausgerissen. Oder aber die Ketten und Splinte halten so viel, dass die Brücke eventuell überflutet wird“, sagt er. Allerdings rechnet er „auf keinen Fall“ mit solchen starken Schäden wie damals, als die Flut 2002 und später Orkan Kyrill die Brücke stark in Mitleidenschaft gezogen haben.

Schleusen teilweise geöffnet

Doch bereits jetzt gibt es eine Hiobsbotschaft: Der bewegliche Übergang zum Land, der den Höhenunterschied zwischen Wasser und Ufer ausgleicht, hat sich durch den sich vergrößernden Höhenunterschied verklemmt und kann jetzt nicht mehr abgebaut werden.

Damit die Goitzsche und die Probleme nicht noch weiter anwachsen, hat das Technische Hilfswerk (THW) in Höhe des Pegelturms bereits am Mittwoch gegen 13 Uhr die Schleusen des ehemaligen Einlaufbauwerks zum Teil geöffnet. So kann das Wasser in Richtung der Friedersdorfer Wehranlagen fließen.

Vor dem Deich hat ein zweites THW-Team seine Stellung bezogen und insgesamt 20 Wasserpumpen zum Einsatz gebracht. Über breite Leitungen wird hier das ankommende Wasser über den Deich gepumpt und der leicht gefallenen Mulde wieder zugeführt. „Wir schaffen so 50 000 Liter pro Minute“, sagt THW-Mitarbeiter Frank Schlicht.

Enorme Mengen, die hier also umgepumpt werden. Ob das letztlich dennoch ausreicht, um den Goitzsche-Pegel schnell und deutlich abzusenken, kann zu diesem Zeitpunkt aber noch niemand beurteilen. Nur eines steht fest: „Unser Einsatzbefehl gilt bis zum Mittwoch“, so Schlicht. Allerdings hoffe man, dass sich die Lage bis dahin längst entspannt hat.

Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes bestimmen die Sandsackhöhe.
Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes bestimmen die Sandsackhöhe.
André Kehrer Lizenz
Das Wasser wird abgelassen.
Das Wasser wird abgelassen.
André Kehrer Lizenz
Mit GPS wird der Pegel bestimmt.
Mit GPS wird der Pegel bestimmt.
André Kehrer Lizenz