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Heraeus Heraeus: Quarzglas aus Bitterfeld kommt weltweit zum Einsatz

Von detmar oppenkowski 11.10.2012, 16:45

bitterfeld/MZ. - Routiniert schlüpft Christian Nasarow in seinen himmelblauen Reinraumanzug, dem nicht einmal die kleinste Fussel anhaftet. "Bei der Herstellung unseres synthetischen Quarzglases müssen Verunreinigungen ausgeschlossen werden", sagt der Standortleiter des Bitterfelder Heraeus-Werks und betritt mit Schutzbrille und speziellen Schuhen die Luftschleuse. Schnurstracks steuert er durch die Ofenhalle, in der Heraeus die für die schnelle Telekommunikation so wichtigen Grundvoraussetzungen schafft. Denn hier werden "hochreine, synthetische Quarzglaszylinder" produziert. Sie sind die Basis zur Herstellung leistungsfähiger Glasfasern.

Obwohl diese Lichtleitfasern dünn wie ein Haar sind, besitzen sie außergewöhnliche Fähigkeiten, denn sie transportieren Informationen in Lichtgeschwindigkeit - also mit 300 000 Kilometern pro Sekunde - um den Erdball. So lassen sich enorme Datenmengen von einem Terabit pro Sekunde übertragen. Die griechische Vorsilbe "Tera" bedeutet dabei "Ungeheuer".

Möchte man es anders formulieren, so kann man sagen, dass eine Datenverbindung mit einer Bandbreite von einem Terabit pro Sekunde es erlauben würde, den Inhalt von rund 16 Regalkilometern Aktenordnern pro Sekunde von Bitterfeld, wo Heraeus produziert, nach Hanau (Hessen), wo das Unternehmen sitzt, zu übertragen. So lassen sich dann ganze abendfüllende Spielfilme binnen eines Wimpernschlags aus dem Internet herunterladen.

Doch der Bedarf wird immer größer, denn die digitale Vernetzung der Welt nimmt zu und Menschen tauschen sich immer häufiger über "soziale Medien" (engl.: social media) aus. "Alleine das soziale Netzwerk facebook hat mittlerweile über eine Milliarde Nutzer. Über 200 Milliarden Fotos sind hier eingestellt", verdeutlicht der Marketing Manager von Heraeus Quarzglas, Bernhard Franz. "Derzeit werden weltweit 11,5 Terabit - also etwa 2 300 DVD - pro Sekunde an Informationen, Bildern und Videos hin- und hergeschickt." Und: "Die Datenmengen wachsen um 25 Prozent pro Jahr."

Das muss technisch alles unterfüttert werden. "Wir treten hierbei zwar nicht als Glasfaserhersteller in Erscheinung, sondern sind vielmehr der Lieferant des Mantelmaterials", so Franz.

Allerdings werden in Bitterfeld die drei Meter langen und 250 Kilogramm schweren Quarzglaskörper hergestellt. Diese haben - um es einfach auszudrücken - in der Mitte ein Loch. Hier stecken später die Glasfaserhersteller einen Licht leitenden Kern - den Kernstab - hinein. Beim Faserziehen wird der Zylinder mit dem Kernstab bei rund 2 000 Grad Celsius verschmolzen. Mit Ziehgeschwindigkeit von bis zu 120 Kilometern pro Stunde entstehen so die haarfeinen Fasern mit einer Länge von etwa 7 000 Kilometern pro Quarzglaskörper. Dies nennt sich dann RIC-Verfahren. Das bedeutet "Rod in Cylinder", also Kernstab im Zylinder. Angewandt wird es vorwiegend in den USA oder China. "Denn anders als in Deutschland hat beispielsweise der asiatische Raum keine vorhandene Telekommunikationsinfrastruktur und baut alles neu mit Glasfaserkabeln aus." Während bei uns weniger als ein Prozent der Haushalte direkt am Glasfaserkabel angeschlossen seien. "Damit könnte Deutschland auf Dauer den Anschluss an das Internet-Zeitalter und die schnellen Datenautobahnen verlieren", so der Quarzglasspezialist.