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Heimspiel am Seeufer Heimspiel am Seeufer: Hardrockband Goitzsche Front organisiert Festival

Von Steffen Könau 31.07.2016, 07:45
Tom Neubauer, Pascal Bock, Christian Schulze und Maximilian Beuster (v. l.) von der Band Goitzsche Front laden am zweiten Augustwochenende zum ersten Mal zu ihrem eigenen Festival an die Goitzsche.
Tom Neubauer, Pascal Bock, Christian Schulze und Maximilian Beuster (v. l.) von der Band Goitzsche Front laden am zweiten Augustwochenende zum ersten Mal zu ihrem eigenen Festival an die Goitzsche. Privat

Bitterfeld - Als die Flutwellen  wichen, blieb ein neuer See. Ein neuer See und die Erinnerung an eine große Gemeinsamkeit. Auch mehr als ein Jahrzehnt danach wird die Stimme von Pascal Bock weich und warm, wenn er davon spricht, wie die Menschen in Bitterfeld während der Flut 2002 zusammenstanden gegen die Katastrophe. Auf den Deichen, vor den Häusern, beim Sandsackschleppen und beim Wiederaufbau. „Das sind Tage gewesen, die vergisst man nie“, sagt  Bock, den alle nur „Bocki“ nennen.

„Goitzsche Front passt einfach“

Nicht, wenn man mittendrin war statt nur dabei wie der große, starke Mann, der heute Sänger der Bitterfelder Rockband Goitzsche Front ist. Die ihren Namen nicht ganz zufällig eben jenem Hochwasser verdankt, bei dem „die ganze Region wie eine Front stand“, wie Bock beschreibt. Als der aus dem benachbarten Wolfen stammende Hobbymusiker  Jahre später auf die Idee kam, mit  seinen Freunden Christian  Schulze, Tom  Neubauer und Maximilian Beuster eine Band zu gründen, gab es um deren Benennung nicht viel Streit. „Goitzsche Front passt einfach“, sagt Gitarrist Maximilian Beuster, „das drückt genau dieses Gefühl von Zusammengehörigkeit aus, das wir hier damals alle gespürt haben.“

Die Ufer laden zum Baden ein

Ein Gefühl, das seitdem auch nicht mehr weggegangen ist. Bitterfeld, eine Gegend, die vor einem Vierteljahrhundert noch als Jauchegrube der DDR-Großchemie galt, verseucht, vernebelt, vergiftet, hat sich berappelt. Die Goitzsche, ehemals ein gähnendes Braunkohlenloch im Boden, ist seit der 2002er Flut ein wunderbarer See. Die Ufer laden zum Baden ein, Touristen finden den Weg in die Kneipen und Restaurants an der neuen Promenade, Einheimische und Tagesausflügler flanieren am Wasser entlang, kleine Yachten liegen im Hafen, Bootsvermieter locken Paddler und Ruderer an. Und im Sommer ist die Goitzsche Partymeile und Konzertarena: Hafenfest und Marathon, See in Flammen, Sputnik-Springbreak und Goitzsche-Fest ziehen jedes Jahr zehntausende Besucher.

Alles aus, alles vorbei?

„Als es dann hieß, das Goitzsche-Fest findet nicht mehr statt,  haben wir gar nicht lange überlegt“, erzählt Maximilian Beuster. Über 13 Jahre hatte das Fest, ursprünglich als einmalige Veranstaltung für  Fluthelfer gestartet, große Namen aus der Rock- und Popszene in die Region geführt, die rund um die gleichzeitig stattfindende Motorboot-WM Konzerte mit Volksfestcharakter gaben. Alles aus, alles vorbei? Nur weil der bisherige Veranstalter sich  nach höheren finanziellen Forderungen der WM-Ausrichter nicht mehr in der Lage sah, die steigenden Kosten  „finanziell abzufedern“, wie es hieß?


Die vier Jungen von der Goitzsche Front wollten ein solches Ende nicht akzeptieren.  „Wir sind selbst schon zweimal beim Goitzsche-Fest aufgetreten und von tausenden Fans gefeiert worden“, sagt Pascal Bock, „es wäre absolut schade gewesen, wenn dieses Highlight weggefallen wäre.“ Zu gern erinnern sich Bock, Beuster,  Bassmann  Schulze und Drummer  Neubauer an die Heimspiele der vergangenen Jahre, als erst 2 000, dann 3 000 Fans kamen und feierten, als gäbe es kein Morgen. „Quer durch die Altersgruppen, von nah und fern“, beschreibt Beuster, „der Lehrer tanzt neben dem Schüler, der Zugereiste neben dem Alteingesessenen.“

Es gibt Vorurteile, es herrscht Skepsis

Der „Stolz auf das, was aus unserer Ecke hier geworden ist“, wie Pascal Bock es formuliert, eint alle. Wobei der  Riese mit der voluminösen Baritonstimme das Wort Stolz nicht falschverstanden wissen will. „Es ist mehr eine große Zufriedenheit damit, wie viel hier passiert ist, was geleistet wurde und wie verbunden sich heute viele Menschen mit ihrer Heimat fühlen, obwohl sie Bitterfeld heißt.“
Maximilian Beuster, der am Ufer der Goitzsche aufgewachsen ist, wo seine Familie ein Restaurant betreibt, begegnet anderswo  zuweilen immer noch anderen Zeiten. Es gibt Vorurteile, es herrscht Skepsis.  „Wenn die Leute fragen, was dieses Goitzsche in unserem Bandnamen eigentlich bedeutet, erzählst du ihnen natürlich gern von der schönen Gegend hier und davon, wie das alles so geworden ist“, sagt er. Beuster, von seinen Freunden nur Maxi genannt,  zeigt dann immer Handybilder und er schwärmt ein bisschen von seiner Heimatstadt. Irgendwann aber, sagt er, komme dann immer der Punkt, an dem der Gesprächspartner es genau wissen will.  „Dann fragen die Leute Dich, und wo genau ist das?“ Sage man dann, das sei ein See bei Bitterfeld, winken viele ab. Maxi Beuster schmunzelt. „Es ist ein langer Weg, Menschen für Bitterfeld zu begeistern.“

Goitzsche-Festival aus der Taufe gehoben

Das neue Goitzsche-Fest, Anfang des Jahres zusammen mit dem halleschen Konzertveranstalter Matthias Winkler, seiner Agentur Mawi Concert  und dem Eigentümer der Halbinsel, der Goitzsche Tourismus GmbH, ziemlich spontan als Goitzsche-Festival aus der Taufe gehoben, soll die Erfolgsgeschichte der Verwandlung der Goitzsche von einer klaffenden Landschaftswunde in ein Party-Paradies fortschreiben. „Die Halbinsel Pouch ist ein toller Platz für solche Konzerte“, glaubt Pascal Bock, „und wir setzen deshalb alles daran, dass es weitergeht.“
Zur Premiere am zweiten Augustwochenende haben die Lokalmatadoren sich befreundete Bands aus der ganzen Bundesrepublik eingeladen. Die Stilrichtung ist dabei klar: Rock und Punk mit deutschen Texten, harter Metal und viel Gefühl wie in „Hafen & Herz“, einer romantischen Goitzsche-Front-Ballade, die dem zweitgrößten See im Mitteldeutschen Seenland und den Menschen an seinen Ufern einen Kranz windet. „Ich komm nach Hause, in die Stadt, die mir fehlt, in die Heimat“, heißt es da, „um zu zeigen wie es mir geht.“
Klappt die Premiere, wird das ein Anfang sein. „Vielleicht nächstes Jahr mit zwei Tagen, mit mehr Bands, mehr Musik, mit Camping und Nebenbeiprogramm“, sagt Maxi Beuster. Pascal Bock neben ihm nickt: „Wir haben doch hier alles, was es dazu braucht.“ (mz)