Mehrgenerationenhaus „Haltung zeigen“: Wolfener Kunstprojekt stellt sich kreativ gegen Rassismus
Junge Künstler aus Wolfen malen für eine Ausstellung in der Partnerstadt Marl. Was ihnen daran besonders Spaß macht - und worauf sie hoffen können.

Wolfen/MZ - Die dünne Pappfrau hat einiges auszuhalten: Auf ihrem Rücken sitzt ein Kleinkind, schwanger ist sie außerdem. Noch fehlen ihr zudem die Haare - doch vorsichtig trägt Lilly Nordhausen mit einem breiten Pinsel auf die vorgezeichnete Fläche auf. Die Zwölfjährige gehört zur Jugendkunstgruppe des Mehrgenerationenhauses (MGH) Bitterfeld-Wolfen.
Die Frau wird Teil einer Ausstellung in der Partnerstadt Marl, die an den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ teilnimmt und mit verschiedenen Figuren eine Ausstellung unter dem Motto „Haltung zeigen“ konzipiert. Die Verwaltung aus Marl hatte im Wolfener Rathaus angefragt, um ein „starkes Zeichen unserer Städtefreundschaft“ zu setzen. Die Pappfigur kam, klein zusammengefaltet, schließlich in Wolfen an. Nun ist die Kreativität gefragt.
Im Mehrgenerationenhaus ist auch die aktuelle Ausstellung „Bunt ist meine Lieblingsfarbe“ zu sehen
Einige Vorgaben hatte es gegeben, aber ansonsten seien die Kinder komplett frei, erklärt Pauline Ullrich. „Sie haben selbst angefangen, das zu entwickeln, ich gebe aber Hinweise.“ Die freischaffende Künstlerin leitet seit 2012 den Treff im MGH, einmal pro Woche werfen die Kinder und Jugendlichen ihre übergroßen, karierten Flanellhemden über und schwingen Pinsel und Zeichenstift. „Das Angebot soll die Kindheit bereichern, ich wollte für sie etwas schaffen“, erklärt Ullrich, die selbst in einer Künstlerfamilie aufgewachsen ist. Im MGH ist auch die aktuelle Ausstellung „Bunt ist meine Lieblingsfarbe“ zu sehen. Während des Lockdowns hatten sich die Kinder und Jugendlichen auch über Zoom zum gemeinschaftlichen Kreativsein getroffen.

„Für mich ist es ein schöner Ausgleich zum Sport“, sagt Lilly, die weiter vorsichtig an der Falzlinie braune Haare malt. „Frau Ullrich erklärt uns richtig viel.“ Sie sei froh, dass nun donnerstags die Treffen wieder stattfinden. „Wenn mir zu Hause langweilig ist, zeichne ich auch.“
Bilder, Tonarbeiten und auch abstrakte Kunst
Auch Karl Kaufhold aus Steinfurth ist gern kreativ. Malen und mit Ton arbeiten, sagt er, sind seine Lieblingsbeschäftigungen in den Räumen des Kunsttreffs, zu dem er seit drei Jahren gehört. „Und Frau Ullrich ist sehr nett.“ Die Mischung, am Projekt für die Partnerstadt und dann wieder frei zu arbeiten, findet er gut. Auch für die „Bunte Ausstellung“ in den Räumen des MGH habe er einige künstlerische Arbeiten geschaffen: Bilder, Tonarbeiten und auch abstrakte Kunst.
Wenn die Pappfrau mit den zwei Kindern fertig ist - ihr Rock aus einer Lage Stoff sitzt bereits wie angegossen - wird sie wieder zusammengefaltet und mit der Post zurück nach Marl geschickt. Ab dem 14. März soll die Ausstellung in Marl zu sehen sein. Auf einen Preis hat die Jugendkunstgruppe ebenfalls Aussichten - denn zeitgleich wird ein Onlinevoting abgehalten, mit dem die kreativste und aussagekräftigste Figur bestimmt werden soll.