Gewerkschaftsaktion Gewerkschaftsaktion: Belegschaft von Soex kämpft um Tariflohn
Wolfen/MZ. - "So kann es nicht weiter gehen!" Entschlossenheit klingt aus diesem Satz, der am Sonnabend im Wolfener Kulturhaus immer wieder zu hören ist. Etwa 100 Beschäftigte der Soex GmbH beraten an diesem Vormittag mit Gewerkschaftern der IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE), was sie nach den gescheiterten Tarifverhandlungen mit der Geschäftsführung des Textilvermarktungsunternehmens tun wollen.
Worum es geht, ist auf einem der Schilder nachzulesen, mit denen die Belegschaft an einem Aktionstag in die Öffentlichkeit gehen will, wenn die Geschäftsführung nicht einlenkt: "Wir fordern mehr Lohn, 2 000 Mark ist der Hohn." Um Missverständnisse auszuschließen, hat jemand unter die Zahl 2 000 das Wort brutto geschrieben.
"Der Zorn der Leute ist zu verstehen", sagt Holger Nieden von der Hauptverwaltung der IG BCE, der die Verhandlungen mit der Geschäftsführung leitet. Er sei sich dabei vorgekommen "wie im Busch", beschreibt er seine Eindrücke von den Gesprächen, in denen es um ein "absolut niedriges Tarifniveau" gehe. Bei der Wolfener Soex habe er über Themen reden müssen, die schon vor 50 Jahren abgehakt waren. Zum Beispiel über die Eingruppierung nach Tätigkeit, so dass Frauen und Männer für gleiche Tätigkeiten gleichen Lohn bekommen.
Über den Manteltarif sei man sich relativ schnell einig geworden, berichtet Nieden über die bisherigen Verhandlungsergebnisse. Der Manteltarif sehe 24 Tage Urlaub vor, aber weder Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch vermögenswirksame Leistungen oder Altersteilzeit. Die Gespräche über den Vergütungstarifvertrag, den zweiten Teil des Verhandlungspakets, seien dagegen ergebnislos geblieben. Der Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn stehe das Angebot der Arbeitgeber von zwei Prozent gegenüber. Fünf Prozent wolle die Geschäftsführung nur dann gewähren, wenn der Krankenstand in zwei aufeinander folgenden Monaten fünf Prozent nicht übersteigt. Das eine vom anderen abhängig zu machen, lehnte die von der Belegschaft gewählte Tarifkommission einstimmig ab.
"Mit 1 400 Mark netto kann kein Mensch den Unterhalt für seine Familie bestreiten", weiß Betriebsratsvorsitzende Elke Lüer. Deshalb seien viele Kolleginnen gezwungen, trotz Vollbeschäftigung Anträge, zum Beispiel für Wohngeld, beim Sozialamt zu stellen. Das werde als zutiefst ungerecht empfunden, weil auf der anderen Seite knallhart Leistung verlangt werde - drei Tonnen Altkleider pro Tag und Sortiererin. Jetzt werde dreimal so viel geschafft wie vor drei Jahren, doch den Leuten werde immer noch der Einstiegslohn gezahlt. Das bestätigt Juliana Mühlenbeck aus Thalheim, die seit zwei Jahren in der Firma tätig ist. "Ich bin zum Glück verheiratet, und mein Mann hat zum Glück auch Arbeit. Trotzdem kann ich meinen Kindern viele Wünsche nicht erfüllen, weil Müll, Wasser, Abwasser und alles immer mehr kostet? Was wir jetzt machen, tun wir auch für die Kollegen, die als Alleinverdiener durchkommen müssen", unterstreicht sie.
Um die Forderungen in die Öffentlichkeit zu tragen und die Arbeitgeber zu einem verbesserten Angebot zu bewegen, soll es am Dienstag eine Protestaktion der Soex-Belegschaft in Wolfen geben. Andernfalls gehe es in die heiße Phase - und die heiße Warnstreik, so die Gewerkschafter.
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