Geruchs-Kontrollen: Geruchs-Kontrollen: Verbio schickt Riech-Team durch Zörbig

zörbig - Immanuel Grünert steht mit Zettel und Klemmbrett an der Bitterfelder Straße. Konzentriert schaut er auf die Stoppuhr in seinem Handy, atmet tief ein und notiert immer wieder Zahlen. Der Verbio-Prozessingenieur gehört seit sieben Wochen zum neu gegründeten Riech-Team bei Verbio. Die Bitterfelder Straße ist dabei einer von acht Rasterpunkten, die Verbio-Mitarbeiter derzeit zwei Mal pro Woche ansteuern und dann die Nase in den Wind halten.

Heute riecht und notiert der studierte Verfahrenstechniker aber in den zehn Prüf-Minuten nur Lindenblüten-Düfte und einen Wacholderstrauch. Gerüche von seinem Arbeitgeber registriert er keine. „Aber derzeit kann es auch gar nicht in dieser Gegend riechen“, sagt der 29-Jährige. Denn der Wind weht aus Westen, Gerüche würden weg von Zörbig auf das offene Feld wehen.

Verbio hat laut eigenen Angaben in den vergangenen Wochen bis Mittwoch keine Emissionen feststellen können, die auf die eigene Anlage zurückgeführt werden können. Im Gegensatz zu diesen Erkenntnissen steht allerdings die Wahrnehmung des Zörbigers Werner Hecht, der in der Bitterfelder Straße wohnt. Er sagte gestern der MZ: „Es stinkt weiterhin. Es macht keinen Sinn hier wohnen zu bleiben. Jetzt riecht es zwar nicht mehr durchgehend, dafür stinkt es in Intervallen und immer noch wie die Pest“, beklagte er.

Verbio hat laut eigenen Angaben vor wenigen Monaten einen neue Verbrennungsanlage installiert und hunderte Meter zusätzlicher Rohrleitungen verlegt, die Gase in den Ofen führen. Dadurch verschwanden laut Verbio-Vorstand Oliver Lüdtke Emissionsquellen. Insgesamt investierte der Biosprithersteller laut eigenen Angaben rund eine Million Euro für Maßnahmen gegen austretende Gerüche.

Im Ergebnis hat sich aus Verbio-Sicht die Luftqualität in Zörbig verbessert, wie die Eigenüberwachung zeige. Jüngst sprach auch die Verbio-kritische Bürgerinitiative (BI) „Zörbio“ erstmals von einem Lichtblick bei dem Gestanksproblem. „Ich hätte nicht erwartet, dass die angekündigten technischen Änderungen am Standort etwas bringen“, erklärte BI-Mitglied Torsten Gieseke.

Auch die Bürgerinitiative Zörbio sagt, dass weiterhin Gerüche von der Biogasanlage austreten. „Aber das hat mittlerweile ein niedrigeres Niveau als noch vor Ostern“, gibt Gieseke zu. Seit April sah die Initiative laut eigenen Angaben auch keinen Anlass mehr, extreme Gerüche an das Landesverwaltungsamt (LVwA) in Halle weiterzumelden.

Die Geruchs-Checks von Verbio sind laut Unternehmensangaben mit dem LVwA abgesprochen, Geruchsprotokolle und Messzeiten seien abgestimmt. Das bestätigte die Behörde in Halle. Ein Problem gibt es jedoch für Verbio: Da das Unternehmen mit den Geruchsprotokollen erst vor rund sieben Wochen begonnen hat, fehlen Erfahrungswerte aus der Zeit vor den technischen Veränderungen an der Anlage.

Der Biosprithersteller Verbio prüft derzeit westlich seines Areals das Gelände auf Gerüche, also genau dort, wo viele Zörbiger wohnen. „Die Maßnahme ist eine Reaktion auf die Gestankslisten der Bürgerinitiative, deren Ergebnisse uns zu wenig belastbar waren“, erklärt Zörbigs Verbio-Geschäftsführer Wolfram Klein.

Hintergrund: Die Bürgerinitiative Zörbio stellt seit über einem Jahr Gestankslisten ins Netz, die die Verbio-Belastung für die Zörbiger Einwohner dokumentieren sollen. Für das Jahr 2014 registrierte die Bürgerinitiative in Zörbig über 2 000 Fälle mit Verbio-Gerüchen.

An den Zörbio-Zahlen bemängelt Verbio-Geschäftsführer Klein jedoch, dass darin vereinzelt gleichzeitige Geruchsbelästigungen in zur Biogasanlage unterschiedlich liegenden Himmelsrichtungen angegeben werden. Das ist aber laut Klein nicht möglich. Auch deshalb habe das Unternehmen selbst vier Mitarbeiter zu einer eintägigen Riech-Schulung an ein Institut bei Dresden geschickt. Sie kontrollieren seither im Umfeld die Gerüche.

Die Bürgerinitiative Zörbio widerspricht der Verbio-Kritik und hält ihre eigenen Messungen für belastbar. „Winde können sich auch drehen. In der Vergangenheit haben wir von Verbio oft gehört, dass etwas so nicht sein kann mit den Gerüchen und am Ende war es dann doch so“, entgegnet Zörbio-Mitglied Torsten Gieseke. (mz)