Geheimnis unter Schloss Zörbig Geheimnis unter Schloss Zörbig: Bunker aus DDR-Zeiten sollte Zivilverteidigung schützen

Zörbig - Stolz auf ihre Geschichte sind die Zörbiger. Gern wird an die Zeit erinnert, als die Stadt Residenz des Herzogs August von Sachsen-Merseburg war. Der ließ die Burganlage zum Schloss umbauen. Heute ist dort das Heimatmuseum untergebracht. Das große Geheimnis liegt unter der Erde. Nur wo? Schloss, Burgfried, Nebengebäude. Nichts scheint außergewöhnlich. Auch die Treppe nicht, die neben dem Museumszugang in den Keller führt. Steil geht es hier hinab. Tür auf, ein normales Kellergewölbe. Dann ein Mauerdurchbruch, der zur Tür in eine Geheimwelt wird.
Wäre Bunker im Ernstfall funktionsfähig?
Unterm Schloss befindet sich eine Bunkeranlage. 30 Räume, Flure, allerhand Technik. Ein Relikt aus Kriegszeiten? „Nein. Der Bunker ist 1971/72 entstanden, sollte im Ernstfall den Stab der Zivilverteidigung des Kreises Bitterfeld aufnehmen“, erklärt Historiker Stefan Auert-Watzik.
Ob die Anlage im Ernstfall wirklich funktioniert hätte, ist völlig offen. Aus baulicher Sicht ist sie ein echter Kraftakt gewesen. „Sie haben dafür den halben Burghügel weggebaggert.“ Auert-Watzik beruft sich auf Zeitzeugen und die wenigen Papiere, die es zum Zörbiger Bunker gibt.
Schutzanlage für Zivilverteidigung unter Schloss Zörbig
Dokumente von einst beschreiben ihn als Schutzbauwerk (SBW) - „KEL-Zörbig“. Die Kreiseinsatzleitung hätte unterm Schloss den Überblick behalten, die Lage koordinieren und Entscheidungen treffen sollen. Dafür wurde ordentlich vorgesorgt. Drei miteinander verbundene Röhren gehören zum System.
Zwischenwände lassen die Anlage für nicht Eingeweihte schnell zum Labyrinth werden. Es gibt am Zugang eine Dekontaminationsschleuse, die heute durchaus abenteuerlich wirkt. Ganz normale Duschbrausen, die über die von Toilettenspülungen bekannten Kettenzüge betätigt werden. Dass möglicherweise kontaminiertes Wasser dann in normalen Wannen aufgefangen worden wäre, ist eine andere Geschichte.
„Wenn man genau schaut, kann man schon manche Sache in Frage stellen“, meint Stefan Auert-Watzik. Techniker und Heimatvereinsmitglieder hätten zwar der zuletzt 1982 erweiterten Wasseraufbereitungsanlage grundsätzlich das technische Okay gegeben. Bei den beiden Notausstiegen zum Schlosshof hätten allerdings auch sie Zweifel an der Funktionalität gehabt. Noch heute ist zu erkennen, dass die schweren Eisentüren der Ausstiege nur dann hätten geöffnet werden können, wenn vorher Teile der Lüftungsanlage entfernt worden wären.
Bis 1989 für Ernstfall vorgesehen: Holztäfelung ist intakt
Ungeachtet dessen ist der Besuch des Bunkers eine Reise in die Geschichte. Denn das Gros der Anlage ist noch so vorhanden, wie sie bis 1989 für den Ernstfall vorgehalten worden war. Stühle, Tische, Bänke fehlen zwar. Aber die Holztäfelung ist intakt. Die Türen hängen normal in den Angeln, Duschen und Sanitärräume für Frauen und Männer gibt es.
30 Räume, Sanitäranlagen, eigene Wasserversorgung und eine komplexe Belüftungsanlage: Wie viele Einsatzkräfte angesichts dieser Ausmaße im nie eingetretenen Ernstfall im Zörbiger Bunker gearbeitet hätten, weiß Auert-Watzik nicht. Wohl aber, dass die Mitglieder des Heimatvereins vor drei Jahren den Bunker nach aktuellen Plänen des Bundesinnenministeriums probeweise zum Teil mit nötigen Lebensmitteln und Verbrauchsgegenständen bestückt hätten. Eine solche Aktion wird so schnell nicht wiederholt. Einen Blick in den Bunker wollen die Zörbiger Neugierigen jedoch gewähren.
››Die Bunkeranlage ist auf Nachfrage zum Internationalen Museumstag am 19. Mai von 10 bis 14 Uhr geöffnet. (mz)

