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Gebietsreform Gebietsreform: Ohne kleine Königreiche

Von Silke Ungefroren 18.12.2001, 18:35

Friedersdorf/MZ. - "Die beste Lösung wäre, dass alle an einem Strang ziehen und gemeinsam das Beste daraus machen." Theoretisch ist für Friedersdorfs Bürgermeister Franz-Ferdinand Radmacher (parteilos) klar, wie die Gebietsreform vonstatten gehen könnte. Und aus wirtschaftlicher Sicht ist es seiner Meinung nach am günstigsten, einen großen Verbund zu bilden. Doch wie sollte der aussehen?

In Bitterfeld votierten die Stadträte vergangene Woche eindeutig dafür, gemeinsam mit Wolfen, Thalheim, Jeßnitz, Bobbau, Greppin und Holzweißig zu einer großen Stadt zusammen zu gehen. Auch die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Muldestausee, zu denen neben Friedersdorf noch Muldenstein, Mühlbeck und Pouch gehören, sollen in das gemeinsame Boot geholt werden. Wobei Radmacher den Eindruck hat, dass das Interesse daran schon geschwunden ist: "Wir werden kaum noch darauf angesprochen." Vielleicht deshalb, weil ebenso wie in Friedersdorf auch in den anderen Muldestausee-Orten die Diskussion erst einmal in Richtung Einheitsgemeinde innerhalb der VG geführt wird. In Muldenstein wird diese Meinung mit der einstimmigen Willenserklärung des Gemeinderates vom Juni ganz klar vertreten. "Wir sehen keinen Handlungsbedarf, über die große Stadt zu diskutieren", sagt Bürgermeister Walter Schmidt (SPD). Auf das Argument der Bitterfelder CDU-Fraktion, dass der Anschluss auch im Hinblick auf die Goitzsche-Entwicklung wohl besser sei, reagiert er: "Schließlich arbeiten wir im Zweckverband der Goitzsche mit, in dem wir uns ausreichend einbringen können."

Auch in Mühlbeck lautet der aktuelle Beschluss, dazu Gespräche zu führen. Wie Bürgermeister Bernd Hieronymus (parteilos) erklärt, habe das aber mit einer endgültigen Entscheidung noch nichts zu tun: "Die wird im nächsten Jahr die Bürgeranhörung bringen, die sogar gesetzlich vorgeschrieben ist." Persönlich favorisiert er einen großen Verbund für die künftige Gesamtentwicklung, hat jedoch Bedenken: "Erst war nur von Bitterfeld und den Randgemeinden die Rede, jetzt wird das Gebilde immer größer." Außerdem seien viele andere Fragen offen, beispielsweise, was die Kommunalreform und das Finanzausgleichsgesetz bringen.

In Pouch geht es sehr eindeutig in Richtung Einheitsgemeinde, wie Bürgermeister Hans-Peter Fabig (parteilos) bestätigt. "Keiner unserer Gemeinderäte hat sich für ein Zusammengehen mit Bitterfeld ausgesprochen." Außerdem sollten die beiden "Großen", womit er Bitterfeld und Wolfen meint, erst einmal ihre Machtkämpfe beenden. Dann könnte man vielleicht in einigen Jahren auch in seinem Ort über einen Beitritt nachdenken.

Franz-Ferdinand Radmacher aus Friedersdorf stimmt dem zu: Momentan zähle nur politisches und finanzielles Machtgerangel. Wichtigste Voraussetzung für ein Zusammengehen sei aber, dass alle Kommunen auch wirklich wollen - mit allem Für und Wider. "Da kann man nicht versuchen, das Beste für sich zu retten und kleine Königreiche zu erhalten", bringt er auf den Punkt, weshalb man sich wahrscheinlich so schwer tue mit einer Entscheidung, die auch für die Bürger nicht leicht werde. Doch egal, ob große Stadt oder Einheitsgemeinde: "Wenn wir alle wollen, müssen wir alle den Mantel ausziehen, ins Wasser springen und gemeinsam an Land schwimmen - und nicht einer mit dem Dampfer, einer mit dem Motorboot und einer mit dem Schlauchboot."