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Forsthaus Parnitz Forsthaus Parnitz: Ein Millionengrab ohne Happy-End?

23.04.2002, 14:30

Parnitz/MZ. - Herbert Meyers Wege führen nur noch selten zum Forsthaus Parnitz. Der Naturfreund möchte sich den Anblick ersparen. Das eigentlich herrliche Fleckchen Erde sei "in einem jämmerlichen Zustand".

Tatsächlich: Die verlassenen Objekte gleichen einer Müllhalde: Alles, aber auch alles, was einen Wert hat, ist längst gestohlen. Und es gibt kaum etwas, was die Diebe verschmähten: Selbst die Bretter einer Treppe wurden fein säuberlich zersägt. Zur Beute gehören der Zaun, Koniferen und selbst ein künstlich angelegter Teich fand einen interessierten naturbewussten Straftäter. Und was nicht zu gebrauchen war, wurde Opfer von Vandalismus. Und das immer wieder und immer wieder. So ist das einstige Ausflugsziel heute nur ein Beispiel dafür, was Zerstörungswut anrichten kann.

Die Geschichte des 1906 errichteten Hauses in idyllischer Lage erlebt gerade das schwärzeste seiner Kapitel. Es sind nicht die ersten dunklen Seiten in der Historie. Das Volk wurde zu DDR-Zeiten von diesem herrlichen Fleckchen ausgeschlossen. Die Staatssicherheit residierte in diesen Räumen und trank das in der Region beliebte Krostizer Bier. Für den Rest der Welt, der im Konsum oder in der HO einkaufen musste, gab es nur Gülle-Bräu (DDR-Spott für Dessauer hell). Doch mit den Privilegien war es mit der politischen Wende vorbei. Der Landkreis Wittenberg erhielt das 78 300 Quadratmeter große Grundstück mit dem Forsthaus und weitere Gebäuden von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (Bvs). Und es wurde kräftig investiert. Auf Heller und Pfennig kann das heute niemand mehr sagen, heißt es auf MZ-Anfrage. Pressesprecher Ronald Gauert nennt 1,5 Millionen Mark. 854 000 Mark flossen direkt in die Bausubstanz. Das finanzielle Engagement lohnte sich: Das inzwischen installierte Schullandheim Parnitz erfreute sich großer Beliebtheit. "Die Kinder fühlten sich hier wohl und die Eltern, die das wollten, konnten in einen der Bungalow schlafen", so Meyer, der von einem kleinen Paradies spricht. Selbst ein See mit Badestrand - heute ist das Gewässer verunkrautet und vom Sand sind nur noch die Reste zu sehen - war vorhanden. Der Heidefreund kennt sich bestens aus. Er hatte als Geschäftsführer des Vereins Dübener Heide hier sein Domizil. "Ich bin mit großer Freude zur Arbeit geradelt", so der jetzige Ehrenvorsitzende, der gern an diese Zeit zurückdenkt.

Bis dann "Knall auf Fall" alles ganz anders kam und die heile Welt von heute auf morgen zusammenbrach. "Wir erhielten die Kündigung mussten kurzerhand ausziehen", sagt Meyer.

Als einen offiziellen Grund für die Schließung des Schullandheimes nennt Gauert die hohen Betriebskosten. Die sind tatsächlich kaum wegzudiskutieren. "Ich bin jetzt mal ganz mutig", entgegnet Meyer, "die Hälfte der ABM-Kräfte hätten hier auch genügt." Sein Verein hätte liebend gern das Objekt selbst übernommen. "Wir hatten ein fertiges Konzept", so Meyer, der fast schwärmerisch von Ausstellungen, Schulungen und Veranstaltungen spricht. Das Interesse im Wittenberger Landratsamt hielt sich dafür aber in Grenzen. "Es gab nur ein Gespräch", so der Lubaster und das Thema was erledigt. "Mit Vereinen wird nicht verhandelt", erinnert sich Meyer. Allerdings, das räumte er auf MZ-Anfrage schon ein, die Heidefreunde zogen nur einen eher symbolischen Kaufpreis in Erwägung. "Der Kreis hat es doch auch kostenlos von der Bvs erhalten", argumentiert der Interessent von einst.

Das Angebot kurz über den Nulltarif war den Verantwortlichen entschieden zu wenig. Es sollte, so vermuten Insider, Kasse gemacht werden. "Unter der Hand wurden drei Millionen Mark genannt", so Meyer. Das Kleinod "in ruhiger Waldlage" sollte 1995 im exklusiven Berliner Hotel "Maritim" an den potenten Investor gebracht werden. Bei der "Trade-Property-Expo" gab es tatsächlich mögliche Käufer. "Das endgültige Echo bleibt abzuwarten", hieß es damals offiziell.

Gekürzte Fassung - Den Originaltext lesen Sie in der Lokalausgabe Gräfenhainichen am Mittwoch, 24.04.2002.