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Forschung mit Fraunhofer-Institut Forschung mit Fraunhofer-Institut: Ganz besondere Magnete aus Bitterfeld

Von Christine Färber 15.11.2016, 09:29
Hier wird der Gießvorgang vorbereitet. Das Material kommt mit 1.750 Grad aus dem Ofen und fließt dann in die Gießform.
Hier wird der Gießvorgang vorbereitet. Das Material kommt mit 1.750 Grad aus dem Ofen und fließt dann in die Gießform. André Kehrer

Bitterfeld - Wo René Richter und seine Kollegen arbeiten, geht es heiß her. Unter einer Temperatur von sage und schreibe 1.750 Grad werden hier Metallstücke gegossen und bearbeitet. Magnete, um es exakt zu sagen.

Unter vielen Unternehmen, die das bringen, können Kunden nicht mehr wählen: Die GMB Deutsche Magnetwerke in Bitterfeld ist die einzige Guss Magnete-Gießerei Deutschlands und eine der letzten in Europa.

Doch wer denkt, das sei ein Fossil in der hochmodernen Welt von heute, der irrt. Die GMB steht für Innovation. Die Firma, in der sieben Beschäftigte arbeiten, startet durch mit neuen technologischen Entwicklungen. Und das nicht mit irgendwem, sondern mit dem Fraunhofer-Institut.

Unabhängigkeit vom Marktbeherrscher China ermöglichen

Hier geht es um völlig neue Werkstoffe. Um solche, die Kunden eine Unabhängigkeit vom bisherigen Marktbeherrscher China ermöglichen.

Am Ende der Entwicklung, für die sich acht Fraunhofer-Institute in Deutschland zusammengetan haben und mit der GMB als Praxispartner kooperieren, stehen völlig neue, innovative Werkstoffe.

Die Forscher sind den schwer zugänglichen schweren und leichten seltenen Erden, auf denen China quasi die Hand hat, auf der Spur. Auf einer neuen.

Einerseits geht es um Recycling der Materialien. Andererseits geht darum, den Einsatz dieser seltenen Erden von vornherein zu reduzieren und gleichzeitig optimale Verfahren zur Herstellung von Produkten zu entwickeln, für die weniger dieser Erden ausreicht, weil weniger Magnetkraft gebraucht wird.

Seltene Erden übrigens verstärken die magnetischen Kräfte und sorgen dafür, dass die auch bei extrem hohen Temperaturen konstant bleiben.

Forschung gemeinsam mit dem Frauenhofer Institut

Das Ziel ist sportlich: Zwischen 2013 und 2017, erklärt Martin Thonagel vom Fraunhofer-Institut für Mikrostrukturen von Werkstoffen und Systemen in Halle, soll der Bedarf an diesen wertvollen Elementen halbiert werden. Die machen derzeit immerhin zwischen drei und zehn Prozent des jeweiligen Magnetgewichts aus.

Die Kosten für das Forschungsprojekt trägt jetzt allein das Fraunhofer-Institut. Wenn - offenbar in nicht all zu ferner Zukunft - GMB als Partner in die Anwendung einsteigt, wird man sich auf eine neue Kostenverteilung einigen.

„Wir versprechen uns viel“, sagt Henry Sobieraj, Chef der Nickelhütte Aue, die im April dieses Jahres das Bitterfelder Unternehmen nach dreijähriger Insolvenz übernommen hat. Die Hütte ist, wie Sobieraj erklärt, auf Nischenmärkte spezialisiert. Da passt Bitterfeld.

Magnete mit ganz speziellen Eigenschaften

„Hier sollen die neuen Werkstoffe getestet und in die Industriereife überführt werden. Es ist eine logische Kette, dass wir die dann auch hier in Deutschland herstellen. Das ist ein Marktsegment, das GMB weiter fit machen wird.“

Mit den neuen Werkstoffen wäre quasi die Zukunft des Standortes gesichert. So könnten weitere Fertigungen aufgebaut werden. Zusammen mit Fraunhofer könnte man immer spezielleren Kundenanforderungen genügen.

Vor allem in Bereichen wie Elektromobilität sowie erneuerbare Energiequellen - speziell Windräder - sollen die neuen Werkstoffe Anwendung finden. Dort, wo hohe Temperaturen entstehen.

Schon jetzt übrigens fertigen Renè Richter und Kollegen quasi in einer Marktnische Magnete, die nicht jeder kann. Die sind vergoldet und haben daher ganz spezielle Eigenschaften: Sie können Temperaturspannen von minus 273 bis plus 450 Grad Celsius aushalten - mit fast konstantem Magnetismus. Da staunt selbst Ministerpräsident Rainer Haseloff, der gestern GMB einen Arbeitsbesuch abstattete.

Gefragt sind die Supermagnete in der Medizintechnik, in molekularen und nuklearen Resonanzsystemen, bei der Eisenbahn und anderswo, wie GMB-Geschäftsführer Klaus Ulrich Spies erklärt. (mz)

Uwe Gruschke (technischer Leiter) beim Gießen eines Magneten.
Uwe Gruschke (technischer Leiter) beim Gießen eines Magneten.
André Kehrer