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Ehemaliges Mitteldeutschen Landestheater Ehemaliges Mitteldeutschen Landestheater: Brett'l-Keller ist jetzt ein Verein

Von Irina Steinmann 28.08.2003, 14:27

Wittenberg/MZ. - Ob sie zufrieden ist mit dem Verlauf der ersten Saison des neuen Brett'l-Kellers? "Natürlich nicht!", bricht es aus Carola Bläss hervor. Die Schauspielerin hat es ganz offenkundig noch nicht verwunden, dass aus der einst anständig alimentierten Kabarett-Spielstätte nach der Schließung des Wittenberger Theaters die Spielwiese eines Vereins geworden ist, werden musste. Bläss ist die Vorsitzende dieses Brett'l-Keller e.V. und dessen Arbeit wiederum unterscheidet sich nun so gar nicht von anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten, bei denen man immer mit einem Fuß auf dem Boden der Selbstausbeutung steht.

Die anhaltende Diskrepanz zwischen vollmundigen Bekenntnissen der öffentlichen Hand und, so Bläss, eher magerer finanzieller Unterstützung verleiht dem Engagement der etwa 35 Unentwegten, die in der unterirdischen Spielstätte das Licht nicht ausgehen lassen wollen, zwar einen Hauch von Heroismus. Der eigentlichen Aufgabe des Vereins, Kabarett auf die traditionsreichen Bretter zu bringen, ist diese Von-der-Hand-in-den-Mund-Existenz aber alles andere als zuträglich.

"Ein gar nicht zu unterschätzendes Problem ist es, Leute zu finden", die im Brett'l-Keller überhaupt spielen wollen, sagt Carola Bläss, selbst hauptberuflich bei den "Kiebitzensteinern" in Halle untergekommen, mit Blick auf die mageren Honorare. "Die das jetzt machen, machen das aus Liebe zu Wittenberg." Michael Jussen zum Beispiel, der als Luther in Scarpas Sommertheater begann und im Brett'l-Keller geblieben ist, dort zuletzt zu sehen in "Null Koma nix" mit Kersten Liebold und Ilona Knobbe. Dass mit diesem Stück am vergangenen Wochenende auch die zweite Brett'l-Saison eröffnet wurde, hat ebenfalls damit zu tun, dass auch der Berliner Jussen finanziell sehen muss, wo er bleibt. "Es ist uns nicht sehr angenehm", kommentiert Bläss die Absage der "Reinecke Fuchs"-Premiere (die MZ berichtete), aber die werde "noch in dieser Saison" nachgeholt.

"Die Relationen stimmen nicht", kritisiert die Vereinsvorsitzende Bläss die Kulturförderung seitens der Kommune. Was sind schon, rechnet sie unterschiedliche Spektakel rhetorisch gegeneinander auf, acht Sommertheater-Aufführungen gegenüber 100 Brett'l-Vorstellungen? Wieso bekommen die einen so viel und wir so wenig? Immerhin, freut sich Bläss: Die Stadt Wittenberg hat in ihrem Nachtragshaushalt gut 20 000 Euro eingestellt für das "Projekt Brett'l-Keller". Und für ein knappes Jahr ist dem Verein jetzt über die Strukturförderungsgesellschaft auch eine bezahlte Stelle bewilligt worden: Lutz Schildhauer kümmert sich um Ticket-Verkauf und Werbung.

"Wir nehmen in dieser Saison auch die ,(Über-)Lebenszeichen' wieder auf", kündigt Carola Bläss an. Das Stück sei schließlich weiter aktuell. Der Titel beschreibt den fragilen Zustand des Brett'l-Kellers.

"(Über-)Lebenszeichen" mit Thomas Müller und Kersten Liebold, 5. September, 20 Uhr, Tel. 03491 / 45 47 999.