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Dreharbeiten in Bitterfeld Dreharbeiten in Bitterfeld: MDR-Kinokoproduktion in den Gängen eines Getränkemarktes

Von Stefan Schröter 19.03.2017, 08:00
Der Hamberger-Großmarkt als Tummelplatz für einen ganzen Stab, der aus über 60 Leuten besteht: Sechs Nächte lang dreht Regisseur Thomas Stuber mit ihnen seinen neuen Film.
Der Hamberger-Großmarkt als Tummelplatz für einen ganzen Stab, der aus über 60 Leuten besteht: Sechs Nächte lang dreht Regisseur Thomas Stuber mit ihnen seinen neuen Film. Kehrer

Bitterfeld - Es ist 21 Uhr. Nikolai Geisler räumt mit einem Gabelstapler Salzsäcke in die Regale. Normalerweise ist sein Hamberger-Großmarkt in Bitterfeld um diese Zeit menschenleer, der Marktleiter hätte Feierabend und würde vielleicht ins Kino gehen. Doch das geht momentan nicht. Denn das Kino ist zu ihm gekommen.

Die Filmcrew für die MDR-Kinokoproduktion „In den Gängen“ hat sein Geschäft als Drehort auserkoren. Gerade wuseln über 40 Leute durch Geislers Markt. Schauspieler, Komparsen, Techniker, Maske und mehr. Da dem Regisseur Thomas Stuber ein Regal zu leer erschien, füllt es Geisler jetzt auf. „So ein Dreh ist aufregend, das macht man nicht alle Tage mit“, findet der 28-Jährige. Deswegen sagte er zu, als die Filmproduzenten anfragten. Jetzt hilft er mit weiteren Mitarbeitern bei den Dreharbeiten.

Tagsüber kaufen Kunden ein, nachts wird gedreht

Für sechs Drehnächte stellte die Filmcrew den Hamberger auf den Kopf. Sie trugen Getränke von A nach B, ließen ganze Regalzeilen verschwinden, veränderten die Beleuchtung, hängten Fenster zu. Sie können nur nachts arbeiten, von 19.30 Uhr bis circa 5 Uhr morgens. Denn tagsüber kaufen weiter Kunden aus Handel und Gastronomie in der Brehnaer Straße ein.

„Sobald der letzte seinen Wagen herausschiebt, fahren wir unsere herein“, schildert Produzent Fabian Maubach. „Wir leben seit Tagen im Jetlag.“ Maubach gehört zur Firma Sommerhaus Filmproduktion. Er erzählt: Ohne den Bitterfelder Großmarkt wäre der Filmdreh über eine Liebe zwischen den Regalreihen deutlich aufwändiger geworden. Lange habe das Team in Mitteldeutschland nach den perfekten Drehorten Ausschau gehalten. Märkte besucht, fotografiert, angefragt.

Der Hamberger ist offensichtlich perfekt geeignet. „Er hat eine gewisse Patina, die zu dem Film passt“, findet Produzent Maubach. Umso dankbarer ist er dem Marktleiter Geisler für die Dreherlaubnis und die Unterstützung. Ein Beispiel: Einzelne Schauspieler mussten für den Film einen Gabelstapler-Führerschein ablegen. Die Prüfung dafür absolvierten sie in dem Bitterfelder Großmarkt.

Auch der markteigene Gabelstapler kommt im Film groß raus. Einige Hamberger-Mitarbeiter stehen sogar als Komparsen vor der Kamera. Geisler erzählt, dass er einmal mit einem Hubwagen durch das Bild geht, ein anderes Mal läuft er einem Gabelstapler entgegen. Ob er dafür geübt hat? Nein, sagt er und lächelt.

Die Dreharbeiten zehren auch an den Kräften des Marktleiters

„Danke. Alles auf Anfang“, ruft Regisseur Thomas Stuber nach der Drehprobe. Wieder schwärmt die Filmcrew aus. Haare von Komparsen werden gekämmt, jemand spannt das Flatterband neu, der Regisseur gibt Anweisungen. Nikolai Geisler beobachtet das Treiben vom Stuhl an der Kasse aus. Seine Schicht begann heute 16 Uhr. Sie endet erst am nächsten Morgen nach 10 Uhr. Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Überstunden. Mehr als sonst zehrt die Arbeit an den Kräften des Marktleiters. „Es macht Spaß, aber es bedeutet einen hohen Aufwand. Ich bin auch froh, wenn es vorbei ist.“

Auch die Kunden bekommen etwas von den Drehs mit. Geisler erzählt von einem Einkäufer, der sich morgens verwundert die Augen rieb. Denn die Weihnachtsdekoration war nach dem Dreh noch nicht weggeräumt worden.

Jede Filmsequenz wird akribisch vorbereitet. Stellproben, Drehproben, Nachbesserungen. Für eineinhalb Drehminuten vergeht teils mehr als eine Stunde, bis ein Assistent vor der Kamera die Filmklappe zusammenschlägt.

„In den Gängen“ werde zu 90 Prozent im inneren eines Großmarkts spielen

Wird der Kinofilm ähnlich erfolgreich werden wie „Herbert“, den Regisseur Stuber vor einem Jahr in die deutschen Kinos brachte? Herbert ist ein Film über einen Boxer, der zusehends unter der Krankheit ALS leidet. Er erhielt Preise auf mehreren Filmfestivals.

Für den Film „In den Gängen“ arbeitet Regisseur Stuber auch wieder mit Schauspieler Peter Kurth zusammen, der bereits den Boxer Herbert verkörperte. Das Drehbuch zum neuen Film, von Clemens Meyer und Thomas Stuber, ist bereits mit dem Deutschen Drehbuchpreis geehrt worden.

„In den Gängen“ werde zu 90 Prozent im inneren eines Großmarkts spielen. In Bitterfeld dient vor allem die Getränkeabteilung als Kulisse. Vor allem in die langen Gänge haben sich die Filmemacher verliebt. Für die Szenen in der Süßwarenabteilung sind die Filmemacher aber in einen Markt nach Wittenberg gegangen. „Denn sie hat uns dort besser gefallen.“

Die Wittenberg-Szenen sind bereits abgedreht, Bitterfeld jetzt auch. Nikolai Geisler ist gespannt wie er selbst auf der Leinwand rüberkommt, wird den Film auf jeden Fall anschauen. „Darauf freue ich mich am meisten.“ Aber bis dahin dauert es noch ein wenig. Voraussichtlich 2018 ist es soweit. Jetzt beginnt für den Marktleiter erstmal der Urlaub. Und die Filmcrew? Sie dreht in Leipzig weiter. Kurz vor Ostern sollen alle Bilder im Kasten sein. (mz)