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Die Liebe zum Holz für sich entdeckt

Von Iris Lademann 12.05.2006, 16:10

Wolfen/MZ. - Im Innenleben "versteckt" sich ein Grammophon, das der Wolfener samt Schelllack-Platten auf dem Dachboden einer alten Dame entdeckte. "Repariert habe ich es schon", erklärt er. Jetzt gehe es ans Aufmöbeln des Gehäuses.

Der Telekom-Mitarbeiter, der von Hause aus Modellbauer ist, gehört zum zehnköpfigen Team, das sich der Restaurierung und dem Bau neuer Möbel verschrieben hat. Peter Grundmann erzählt, dass er eigentlich mehr auf Drängen seiner Frau Beate sich für den Kurs der Kreisvolkshochschule entschieden hat. Doch er bereut es nicht. Im Gegenteil. Das Arbeiten im Kreise von Gleichgesinnten spornt an. Ehefrau Beate tut sich beim Flechten der Sitzfläche eines Hockers schwer. Je weiter die Arbeit voranschreite, meint sie, umso komplizierter werde das Flechten.

Helfend steht ihr sofort die freiberufliche Designerin Evelin Fischer aus Gräfenhainichen zur Seite, die an der Burg Giebichenstein Gefäßgestaltung studiert hat. Glas, Keramik und Porzellan gehörten zu ihren Gestaltungselementen. Schon damals habe sie gemerkt, dass Holz ebenfalls ein interessanter Werkstoff sei, der vor allem als Kontrast sehr gut einsetzbar sei. "Holz gibt kaltem Material etwas Dynamisches", meint die Designerin und setzt hinzu, dass die Präsentation von schlichten Formen aus Glas und Porzellan sich sehr gut in und auf Stilmöbeln präsentieren lasse.

Wie sie zum Restaurieren von alten Möbelstücken gekommen sei, war schnell erzählt. "Ich konnte einfach nicht mit ansehen, wie einmalige Stücke auf dem Sperrmüll landen." Die "Tricks", die sie nun an die Kursteilnehmer weitergibt, habe sie sich bei Restauratoren abgeschaut und viel gelesen.

Dirk Schmiedeberg, der gemeinsam mit Evelin Fischer die Idee für ein solches Kursangebot hatte, ist Meisterschüler der Designerin. Vor einem Jahr habe der 29-Jährige, der in Spören zu Hause ist, in ihrer Werkstatt mit dem Restaurieren angefangen. Er stellt aber auch Gebrauchtmöbel her. Schlichte, wie er sagt, ganz in Bauhaustradition. Dass beide ein Faible für die Schlichte Moderne haben, komme ihrer gemeinsamen Arbeit zu gute.

Von dieser Schlichtheit fühlt sich auch die Jeßnitzer Malerin und Grafikerin Rothrauth Nieß angezogen, die gemeinsam mit ihrem Ehemann den Kurs belegt. Der Werkstoff Holz sei ihr zwar nicht unbekannt, da sie auch aus Schwemmholz Skulpturen fertige, doch sie möchte die Grundlagen kennen lernen - wie man Hohlverbindungen herstellt und dergleichen mehr.

Mit Hilfe des Tischlermeisters beginnt der Stuhl, der nach einem gotischen Modell entsteht, Gestalt anzunehmen. Schicht für Schicht gleitet der Hobel über das Stuhlbein, das nach unten schmaler wird. Die Sitzfläche wurde in der Tischlerwerkstatt im Gebäude gegenüber ausgesägt, das ebenso zum Institut für Fortbildung und Umschulung gehört, wie die übrigen Bauten auf dem Wolfener Areal. Angelika Schmidte, Fachbereichsleiterin an der Kreisvolkshochschule erklärt, dass in den Räumlichkeiten noch bis zum vergangenen Jahr Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Doch damit sei jetzt Schluss.

Dass diese Räume samt Maschinen und Werkzeug von den Kursteilnehmern genutzt werden können, befindet nicht nur Rothrauth Nieß als eine feine Sache. Denn ohne diese Werkzeuge hätte so manche Restauration nicht durchgeführt werden können. Denn nicht alle haben Tischlerwerkzeug wie Christa Rogall geerbt. "Mein Großvater war Tischler", erzählt sie. Und ihr Vater habe auch mit Holz gearbeitet.

Sie hat ihre Psyche, eine mit Spiegel versehene Frisiertoilette, vollkommen auseinander genommen. Die gedrechselte Spiegelaufhängung ist gesäubert und mit Hartwachs versiegelt. "Beim Auseinandernehmen des Spiegels haben wir auch eine Zeitungsseite gefunden, die auf den 30. Mai 1893 datiert ist", wirft die Designerin ein. Sie vermutet, dass der Spiegel kaputt war und ausgetauscht wurde, denn das Tischchen selbst sei viel älter.