Ungewöhnlicher Austausch Die Grenzgänger: Franzosen und Deutsche mit Handicap arbeiten in Wolfen zusammen
Junge Leute aus Frankreich und Deutschland finden in Wolfen zueinander. Der Städtepartnerschaftsverein fördert die Begegnung der Menschen mit Behinderungen in der Diakonie. Dabei geht es längst nicht nur um Tourismus.

Wolfen/MZ. - Kupferband fixieren und schneiden. Dann biegen, bohren und verpacken. Das ist eine Arbeit, die Elias Mothier gefällt. „Ich bringe gern eine Sache zu Ende“, sagt der junge Mann im französisch eingefärbten Deutsch. Er fühlt sich wohl im Metallbereich der Wolfener Werkstätten des Diakonievereins Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen und ist Teil einer zwölfköpfigen Gruppe aus der Wolfener Partnerstadt Villefontaine. Es sind Menschen mit Handicap, die neues Land erkunden.
Weit ab vom Tourismus - Partner arbeiten gemeinsam in der Werkstatt
Sie sind auf Einladung des Städtepartnerschaftsvereins der Stadt Wolfen Grenzgänger der anderen Art. „Es ist eben kein Tourismus. Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln. Das soll auch Menschen mit Handicap möglich sein“, erklärt Tobias Köppe. Mit Vereinsfreunden, Partnern in Witten und Villefontaine hat er lange getüftelt, wie ein Austausch praktisch funktionieren könnte. Es war zunächst sehr viel Theorie. „Jetzt folgte mit dem Austausch die Krönung“, meint Köppe.
Zur Begegnung der nicht alltäglichen Art gehört die Arbeit in den Werkstätten, aber auch das Zusammenkommen mit Vertretern der Stadtgesellschaft. „Wir waren viel unterwegs. Mit dem Rad und dem Bus“, erzählt Elias Mothier.

Er freut sich, endlich mehr Deutsch sprechen zu können und hat schon einmal eine Bewerbung für ein Praktikum in den Wolfener Werkstätten abgegeben. Ob das realisierbar ist, bleibt abzuwarten.
Für den jungen Mann wäre es die Erfüllung, zumal er seine Arbeit dann im Heimatland seiner Mutter machen könnte. „Sie ist Deutsche“, erzählt er, während seine Wolfener Paten Sybille Scheler und Steven Lichtenstein Mothiers Arbeitseifer loben. „Der macht das richtig gut. Der kann wiederkommen.“
Deutsch-Französischer Bürgerfonds hilft
Man versteht sich, auch wenn es manchmal an der Sprache hapert. Doch Victor Brizard, Ibrahim Ghenam und Clément Pottier wissen sich, wie ihre deutschen Partner, zu helfen. Wo Worte fehlen, helfen Zeichen. Alles läuft in den Werkstätten. Man lernt voneinander und übereinander. „So eine Städtepartnerschaft braucht immer wieder neue Impulse. Dieser Austausch der Menschen in den Werkstätten gehört dazu“, ist Tobias Köppe überzeugt. Auch seine Wittener Mitstreiterin Rosemarie Tastevin teilt seine Meinung. „Ich bin froh, dass das alles so wunderbar funktioniert“, erzählt sie.
Die lange Vorbereitungsphase ist erst einmal vergessen. Man genießt das Hier und Heute. Es liegt nahe, dass die Begegnung der etwas anderen Grenzgänger keine Eintagsfliege bleibt. Über Neuauflagen, auch an anderen Orten, wird bereits nachgedacht. Doch das ist Zukunftsmusik. Erst einmal zählt das Zusammensein, die gemeinsame Arbeit. Elias Mothier drückt auf die Tube. Er fixiert, schneidet, biegt und bohrt. Von allein geht nun einmal nichts in der Werkstatt, in der er so gern noch etwas länger arbeiten möchte.
Der Austausch wird unter anderem vom Deutsch-Französischen Bürgerfonds unterstützt.