Der Wunsch der Patientin Der Wunsch der Patientin: Operation nur mit Beethoven
Bad Düben/Schleesen/MZ. - Etwa 5 000 Operationen werden jährlich in Bad Düben durchgeführt. Davon allein 1 000 Operationen an Knie, Hüfte und Schultern. Lisbeth Streibel bekommt ein neues Kniegelenk, die MZ durfte bei der Operation dabei sein.
Skalpell, Klemme, Tupfer. OP-Schwester Gabriele Mehrer, in grüner Kleidung gehüllt, mit Handschuhen, Mundschutz und einer Haube auf dem Kopf, hat alles sorgfältig auf den Tisch vor sich sortiert. Im ersten OP-Saal im Erdgeschoss des Waldkrankenhauses geht es an diesem Morgen noch recht ruhig zu. Der überschaubare Raum wirkt nicht nur steril und kühl. Er ist es. Überall technische Geräte. Ein Monitor, viele Kabel, Schläuche. Das künstliche Kniegelenk liegt auch schon da, etwa sieben Mal sechs Zentimeter groß und glänzt wie mit Gold überzogen. Es kostet über 2 000 Euro. Qualität, wie Chefarzt Professor Christian Melzer verriet.
In einem Nebenraum bespricht er mit Dr. Manuela Wagner und Dr. Tom Ernst den Ablauf der Operation. Der OP-Stab, bestehend aus drei operierenden Ärzten, einem Narkosearzt, einer instrumentierenden und einer unsterilen Schwestern, kann mit der Arbeit loslegen. Nervös? "Das ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich würde es Anspannung nennen", konstatiert Chefarzt Melzer.
Die Tür öffnet sich. Chef-Anästhesist Dr. Detlef Bulst mit OP-Schwester Annett fahren die Patientin, mit Tüchern bedeckt, in den Saal. Der Arzt unterhält sich noch wenige Minuten vor der Operation mit der Patientin. Eine Rückenmarkspritze ermöglicht dies. Bevorzugen sie eine bestimmte Musikrichtung, fragt er, und Lisbeth Streibel antwortet: Die 9. Sinfonie von Beethoven, wenn es geht. Da der Chef-Anästhesist damit nicht dienen kann, bekommt sie andere Musik geboten - ein Panflötenkonzert über Kopfhörer.
Nach einer gründlichen Desinfektion ihres rechten Beines heißt es Schnitt. Das Bein wird geöffnet. Und nicht nur das: Auch Chefarzt Melzer entpuppt sich als Musikliebhaber. Im OP-Saal erklingen jetzt "The Great Composers". Da ist auch Beethoven dabei. Der Chefarzt liebt es nämlich, bei klassischen Klängen zu operieren. Das entspannt so schön. Zugegeben: Das geöffnete Bein ist wahrlich ein außergewöhnlicher Anblick. Klemmen und Sauger kommen immer wieder zum Einsatz, eine Säge und später ein Bohrer. Sogar Hammer und Meißel müssen während der OP herhalten. Der Chefarzt bearbeitet das Original-Kniegelenk seiner Patientin so, dass das künstliche millimetergenau eingepasst werden kann.
Erfahrungsreichtum und langjährige Praxis spielen dabei eine große Rolle. Beides geben die Dübener Operateure gern weiter. Am 18. April wird im Heidehotel in Lubast das nächste Fachsymposium für OP-Personal stattfinden. Unter fachlicher Leitung von Professor Melzer wird dabei das Kniegelenk thematisiert. Auf fachkompetente Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet habe man sich eingestellt, verriet Gabriele Mehrer, die organisatorische Leiterin der traditionellen Veranstaltung.
Zurück zur OP: "Bitte hier einmal koagulieren", weist der Professor den Assistenz-Arzt nach mehr als einer Stunde Operation an. Die OP ist jetzt beendet, das Bein wird geklammert, wenig später wird die Patientin Lisbeth Streibel in den Aufwachraum gefahren.
"Ich bin so froh, alles gut überstanden zu haben", sagt sie Tage später mit einem noch angeschwollenen und schmerzenden rechten Bein. "Wenn ich einmal wieder operiert werden muss, dann komme ich hoffentlich nach Bad Düben", sagt sie, ohne sich eine erneute OP herbeizuwünschen. Laufen kann sie mittlerweile schon wieder. Gehhilfen sind zwar notwendig. Aber bei ihrer Freude über das neue Kniegelenk und ihrem Optimismus, sich wieder unbeschwert bewegen zu können, sind diese mit Sicherheit nur noch eine Frage der Zeit.