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„Das ist doch mein Beruf“ Der verstorbene Herbert Köfer war oft in Bitterfeld-Wolfen - Wegbegleiter erinnern sich

Von Frank Czerwonn 01.08.2021, 09:00
Spontanes Treffen im Augst 2019 im Büro von Oberbürgermeister Armin Schenk. Herbert Köfer war Gast der Defa-Reihe „Filme wiederentdeckt“.
Spontanes Treffen im Augst 2019 im Büro von Oberbürgermeister Armin Schenk. Herbert Köfer war Gast der Defa-Reihe „Filme wiederentdeckt“. (Foto: Stadt)

Wolfen/MZ - Am 10. September wollte Herbert Köfer in Bobbau das DDR-Museum eröffnen. Erst vor wenigen Wochen hatte Ortsbürgermeister Matthias Berger (CDU) den Termin mit dem Star-Schauspieler vereinbart. Dazu wird es nicht mehr kommen. Vergangenen Samstag ist Herber Köfer im Alter von 100 Jahren gestorben. Trotz seines Alters überraschend. Denn Pläne hatte er noch immer. Dass Bitterfeld-Wolfen dabei eine Rolle spielte, ist kein Zufall. Hier war er öfter zu Gast - zuletzt 2019 und 2020.

Ein plötzlich ausgefallener Termin bescherte Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) Ende August 2019 eine Begegnung mit dem damals 98-Jährigen, der Gast der Defa-Filmreihe „Filme wiederentdeckt“ im Campus-Hörsaal war. „Ich stand gerade im Foyer des Rathauses, als mich jemand fragte, ob ich auch zu Herbert Köfer wolle“, erinnert sich Schenk. Dabei wusste er gar nichts von dessen Besuch. Spontan lud er den Star mit Ehefrau Heike in sein Büro ein. „Er sprühte vor Enthusiasmus und erzählte mir, was er bis zu seinem 100. und danach noch vor hat. Das hat mich schwer beeindruckt.“ Köfer sei klar auf die Zukunft fixiert gewesen. „Geistig war er voll da, nur das Laufen, erzählte er mir, falle ihm inzwischen ein bisschen schwer. Aber in meinem Büro war davon kaum etwas zu merken.“

In der Defa-Reihe ?Filme wiederentdeckt? im Campus-Hörsaal war Herbert Köfer 2019 mit dem Film ?Der Mann, der nach der Oma kam? zu Gast.
In der Defa-Reihe ?Filme wiederentdeckt? im Campus-Hörsaal war Herbert Köfer 2019 mit dem Film ?Der Mann, der nach der Oma kam? zu Gast.
Foto: André Kehrer

Sehr gefreut habe sich Köfer über die Wolfener Defa-Reihe mit Paul Werner Wagner. An jenem Abend lief „Der Mann, der nach der Oma kam“. Schenk köpfte beim Besuch des Ehepaars Köfer in seinem Büro sogar ein Fläschchen Sekt. „Seine Frau trank ein Glas, er aber wollte nur Wasser.“

Das war auch Köfers bevorzugtes Getränk beim letzten Besuch in Bitterfeld-Wolfen: Vergangenen September las er zur 2. Kunst- und Kulturwoche im Kulturhaus aus seinen Memoiren. Eingefädelt hatte dies Kulturbotschafter Ronny Claus. Der hatte schon Porträts von Prominenten wie Rolf Hoppe, Uwe Seeler, Jens Weißflog oder Didi Hallervorden gemalt. „Da durfte Herbert Köfer als DDR-Ikone nicht fehlen“, so Claus. Nach einem Auftritt des Schauspielers in Wittenberg zeigte er ihm das Werk.

„Es hat ihm gefallen und er signierte es.“ Als Claus Botschafter der Kulturwoche wurde, fragte er per Mail wegen einer Lesung an. „Kaum war das coronamäßig möglich, kam die Zusage.“ Sogar ein Werbevideo hat er mit dem da 99-Jährigen gedreht. „Seine Professionalität war unglaublich. Eigentlich war er etwas müde, aber kaum ging die Kamera an, war er voll da. Köfer setzte sein Lächeln auf und hatte spontan einen passenden Text parat. Man musste ihm nichts vorgeben. Das war faszinierend.“

Herbert Köfer liest 2020 aus ?99 und kein bisschen leise?.
Herbert Köfer liest 2020 aus ?99 und kein bisschen leise?.
foto: Topat-Geschke

Diese Professionalität ist auch Anja Topat-Geschke aufgefallen. Die Mitarbeiterin des Kulturhauses hat Köfer und dessen Frau während der Lesung betreut. „Seine Bühnen-Erfahrung kam gleich durch.“ Köfer schaute sich um und meinte: „Was für ein schönes Haus.“ Er erinnerte sich an frühere Gastspiele, inspizierte Bühne und Lesetisch und testete das Mikrofon. „Sogar einen kleinen Aufsatz stellte er auf den Tisch, um besser lesen zu können.“

Der Bitterfelder Künstler Ronny Claus malte den Schauspieler nach Fotos.  Herbert Köfer gefiel das entstandene Gemälde, das er beim Treffen signierte.
Der Bitterfelder Künstler Ronny Claus malte den Schauspieler nach Fotos. Herbert Köfer gefiel das entstandene Gemälde, das er beim Treffen signierte.
(Foto: Claus)

Die Bemerkung, wie sehr man sich freue, dass er mit 99 noch hier auftrete, quittierte er mit einem Lächeln, wehrte das Kompliment aber ab. „Das ist normal, das ist doch mein Beruf. Ich habe kein Problem, mit 99 Jahren auf der Bühne zu sein.“ Auch Hilfe beim Gang auf die Bühne lehnt er ab: „Ich bin doch fit genug.“ Dass wegen der Auflagen die Lesung im großen Saal stattfand, sah Köfer mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Einerseits fehlte ihm etwas die Nähe zum Publikum. Er fragte mehrfach: ,Können Sie mich gut verstehen?’. Andererseits freute er sich, noch mal auf der riesigen Bühne agieren zu können.“ Das Publikum lauschte fasziniert.

„Er wusste genau, wo er Pausen machen muss, war hochkonzentriert, aber auch locker“, erinnert sich Topat-Geschke. Buch-Signierungen waren ja nicht erlaubt, „aber ein paar Autogrammkarten verteilte er trotzdem“. Bevor seine Frau ihn heimfuhr, hinterließ der Schauspieler einen letzten Gruß im Gästebuch: „Schön, mal wieder in Bitterfeld-Wolfen zu Gast zu sein - speziell hier im Städtischen Kulturhaus. Vielen Dank für die Einladung. Herzlich Ihr Herbert Köfer“