Oldtimer in Höchstform Chrom, Lack und tuckernde Motoren - So ist die Auto-Pracht der Vergangenheit in Zörbig aufgelebt
Beim 25. Oldtimer-Treffen Curbici Veterano in Zörbig bestaunen Besucher Autos, Motorräder und Nutzfahrzeuge. Ob DDR-Laster oder US-Karossen – bei den Ausfahrten rollt es trotz Regens.

Zörbig/MZ. - Bernd Dieffenbacher überlässt nichts dem Zufall. Nicht nur sein 1935 als einer der letzten seiner Art gebaute Opel 1290 glänzt prachtvoll, als er am Samstag mit seiner Frau Edeltraut und Mitfahrerin Evelyne Weimann am Schloss Zörbig vorfährt. Das Trio ist auch von Kopf bis Fuß im Stil der 30er Jahre gekleidet. „Das muss ja alles passen“, meint Dieffenbach, der manche Kleidungsstücke nähen ließ und andere in Schottland kaufte. Der Dessauer ist einer von mehr als hundert Teilnehmern, die sich die 25. Ausgabe des Oldtimer-Treffens „Curbici Veterano“ nicht entgehen lassen.

Andreas Voss vom Orgateam ist über den Andrang froh. Das Zörbiger Treffen hat in der Szene einen hervorragenden Ruf. Doch der Generationswechsel und die Folgen der Corona-Pause seien auch bei den Oldtimer-Freunden zu spüren. Besonders bei Nutzfahrzeugen. „Viele junge Leute haben ja keinen Lkw-Führerschein.“
Junge Schrauber machen historische Lkw wieder fit
Um so erfreulicher ist die Premierenteilnahme der Gruppe „Zörbiger Kraftverkehr“ um Jerome Emmrich an der Curbici Veterano. „Uns interessiert alles, was mit Osttechnik zu tun hat“, sagt der 35-Jährige. Auch wenn die Beschaffung von Ersatzteilen schwierig sei. „Der Reiz ist, wie die alte technik funktioniert“, erklärt Emmrich, der diese Leidenschaft von seinem Vater Andreas geerbt hat. „Diese Technik am Leben zu erhalten und miteinander an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, macht großen Spaß. Da sind schon Frendschaften entstanden.“

Am Schloss zeigen die rund 20 Mitstreiter, die aus dem gesamten Umland bis nach Landsberg hin kommen, historische H 6 aus den 50er und 60er Jahren ebenso wie verschiedene W 50. Mit dabei ist auch ein dunkelblauer H6 des verstorbenen Gerhard Ludwig von der gleichnamigen Sandersdorfer Spedition. „Er hat hier immer tielenommen. Deshalb sollte sein Fahrzeug als Erinnerung an ihn unbedingt dabei sein“, sagt Emmrich.
Verliebt in Ami-Schlitten
Komplett in alte Ami-Schlitten verliebt sind dagegen Andrea und Sven Kostanski aus Wolfen. Sie parken den langen weißen Cadillac Deville von 1963. „Wir sind hier seit mehr als 20 Jahren dabei“, sagt Andrea im blumengemusterten 60er-Jahre-Kleid. Das Treffen sei durch die Ausfahrten, Prüfungen und Benzingespräche einfach toll. Und warum US-Wagen? „Die sind so cool, haben Charme.“ Ihre Tochter Liliana, die eine Ausbildung zur Automobilfachfrau macht, nickt. Ihr Freund Oliver Röder durfte den Cadi sogar schon fahren: „Der rollt besser als gedacht.“

Am Outfit gearbeitet haben auch wieder Wenke Weber und Antje Wöbcke. Die Freundinnen aus Zörbig begeistern jedes Fahr mit einem neuen Kostüm. Diesmal sind die schwarzen Oberteile it ausgestellten weißen Röcken kombiniert auf denen schwarze Punkte und rote Kirschen prangen. „Es ist schon Absicht, dass wir wie Zwillinge aussehen“, sagt Weber. Dazu passt ihr cremefarbener Trabant 600 von 1964 mit weinrotem Dach.
Für Staunen sorgt Wolfgang Siewert vom Dessauer Oldtimerclub. Der 83-Jährige zeigt mit dem 1958 erbauten blau-weißen Burgfalken 250 das kleinste Auto in Zörbig. Von dieser Weiterentwicklung des Victoria Spatz durch das Oberpfälzer Unternehmen Burgfalke gebe es weltweit nur noch zwei Stück.

„Er soll 97 Kilometer pro Stunde schaffen. Aber das weiß er nicht.“ Knapp Tempo 80 sei aber drin. Eine Besonderheit dieses Mini-Autos ist seine elektromagnetische Schaltung. „Die sieht aus wie ein Joystick“, sagt Siewert, der den Burgfalken 2021 erworben hat.
Die DDR auf Rädern
Ein Stück weiter steht der Protokollbus des ZK der SED. Honeckers Prestigeobjekt für Staatsgäste hat der Wolfener Matthias Dietz wieder flott gemacht. Er sorgt mit seinen Rundum-Drehsitzen und der gediegenen Ausstattfung für viel Aufsehen bei Besuchern. Auch andere Fahrzeuge aus der DDR gehören von jeher zur Curbici Veterano dazu. Der Wiedererkennungseffekt funktioniert.
Doch auch historische Zweiradmaschinen fehlen nicht. „Aber wegen des Regens sind weniger gekommen als sonst“, weiß Organisator Ralf Zschoche, der im Festzelt die Teilnehmer auf die Ausfahrt zum Junckers-Museum in Dessau und die Prüfungen unterwegs einstimmt. Dazu gehören Buchstaben an Bäumen, die ein Lösungswort bilden, das Ertasten von Ersatzteilen in einer Blackbox oder das Kugellagerschieben.

Auf die Ausfahrt verzichten wegen des Wetters die halleschen Motorradfans Eva Borchardt mit ihrer Suzuki GS 400L von 1984 und ihr Mann Axel auf einem NSU Tourenmodell von 1925. „Alte Maschinen zu fahren macht Arbeit, neue machen Spaß“, sagt sie. Neu heißt hier 30 Jahre alt. Am Sonntag startet am Markt die zweite Ausfahrt durch die Zörbiger Ortsteile Rödgen, Löberitz, Göttnitz, Cösitz und Salzfurtkapelle mit vielen Schaulustigen. „In den Orten haben einige Enthusiasten sogar eigene Aktionen organisiert“, sagt Voss. Diese Ausfahrt endet auf dem Gut Mößlitz, wo Siegerehrung, Grill und Kaffeetafel warten
Begründer kehren zum Jubiläum zurück
Hans-Peter Lohmann und Gundula Wawrzinek können nur staunen, was aus ihrer Oldtimer-Idee geworden ist, die 1998 am Küchentisch entstand. „Wir fanden, dass zu unserem historischen Pflaster solche Oldtimer gut passen würden“, erzählt Wawrzinek. Jeder habe 1.000 Mark auf den Tisch gelegt und dann ging es los. „Das war gut angelegtes Geld“, findet Lohmann. Die beiden haben die Curbici Veterano bis 2005 organisiert, sind dann aber aus beruflichen Gründen nach Thüringen verzogen. Zur 25. Ausgabe sind sie erstmals zurück. „Unsere Nachfolger machen das toll.“

Abends werden dann im Zelt nicht nur Fotos aus 25 Jahren gezeigt, sondern auch viele Geschichten erzählt. Wie jene vom Opel des Bernd Dieffenbacher, dessen Vater der letzte Opel-Meister in Dessau war. Wie der Junior den runtergekommenen Opel mit Hile von Verwandten von Grund auf neu aufbaute, ist schon wieder eine eigene Story.