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«Brehnsch» in einem Wörterbuch

12.06.2009, 16:50

BREHNA/MZ/KM. - "Ihr habt der Wissenschaft einen Dienst erwiesen!" Mit dieser Einschätzung begann Ulrich Wenner, Sprachwissenschaftler und Mitarbeiter am "Mittelelbischen Wörterbuch", in der Brehnaer Grundschule die Auswertung von Fragebögen zur Mundart in unserer Region, die die Schüler der vierten Klassen gemeinsam mit ihren Eltern und Großeltern ausgefüllt hatten. Wenngleich die "Untersuchung" wissenschaftlichen Ansprüchen vielleicht nicht ganz gerecht wird, die Ergebnisse sind aussagekräftig und haben Anerkennung verdient, hieß es.

Worum ging es? Im April hatten die Schüler einen Vortrag über Mundarten gehört, hatten erfahren, dass Sprache das Produkt historischer Entwicklung ist, dass es neben dem Hochdeutsch verschiedene Mundartregionen mit eigenem Wortschatz und eigenem Klangbild gibt und dass die Mundart, die in Brehna und Umgebung gesprochen wird, dem ostmitteldeutschen Sprachgebiet, speziell dem "Nordosterländischen", zugeordnet wird.

Natürlich gab es damals auch Gelegenheit, verschiedene Mundartsprecher anzuhören - zunächst aus verschiedenen Teilen Deutschlands von einer CD und dann sogar eine persönlich vorgetragene Kostprobe des "Brehnsch". Winfried Feldmann, ein alteingesessener Brehnaer, trug den in den 1940er Jahren verfassten Mundarttext "Vun Ginnerfest in Brähne" vor. Dank seiner Sachkenntnis und seinem pädagogischen Geschick verstanden die Schüler die Erzählung sogar - trotz vieler unbekannter Worte. Genau darum geht es.

Der einst in unserer Region verbreitete Dialekt wird heute nicht mehr gesprochen. Wie bei einer "toten Sprache" beschränkt sich das Wissen um ihn weitgehend auf wenige Sprachwissenschaftler, die bemüht sind, die aussterbenden Mundarten zu dokumentieren und in Wörterbüchern festzuhalten. "Wir müssen uns dieses Schatzes als Teil unserer Geschichte und Tradition wieder bewusst werden und dafür sorgen, dass auch zukünftige Generationen mit diesem Wissen aufwachsen können", hieß es. Glücklicherweise sei der Mundartwortschatz unseres Sprachgebietes bereits in einem Wörterbuch gesichert: im "Obersächsischen Wörterbuch", das zwischen 1994 und 2003 in insgesamt vier Bänden erschien.

Doch wer leistet sich privat solch ein Werk, zumal die Region um Brehna nur ein sehr kleines Gebiet des in diesem Buch erfassten sächsischen Mundartraumes ausmacht? Der Heimat- und Geschichtsverein Brehna möchte, dass alle Einwohner in Brehna und Umgebung die Möglichkeit erhalten, sich über ihre Mundart zu informieren. So entstand die Idee, ein "Wörterbuch Brehnsch" herauszubringen. Damit sollen vor allem die nachwachsende Generation erreicht werden. Es sollte aber nicht nur ein regionales "Wörterbuch" sein, sondern darüber hinaus auch eine Handreichung für den Deutsch- und Heimatkundeunterricht an Grundschulden im Süden Sachsen-Anhalts werden.

In Zusammenarbeit mit der Grundschule Brehna und gefördert vom Land Sachsen-Anhalt entsteht in diesem Jahr ein "Wörterbuch Brehnsch" für Geschichtsinteressierte, Lehrer und Schüler. Basieren wird es auf den in den 1950er Jahren für das "Obersächsische Wörterbuch" erstellten Fragebögen und Wortlisten aus Brehna und einigen Orten der Umgebung, die sich glücklicherweise in der Sächsischen Akademie erhalten haben. Mit Diplomgermanist Ulrich Wenner habe ein ausgewiesener Fachmann die Erfassung und Auswertung des Materials übernommen. Nachdem die Grundschüler im April so viel über das "Brehnsch" erfahren hatten, bekamen sie einen "Forschungsauftrag". Sie erhielten die Aufgabe, mit ihren Eltern und Großeltern einen eigens für dieses Projekt erstellten Fragebogen auszufüllen, der den für die Erarbeitung des "Obersächsischen Wörterbuches" ausgegebenen Bögen in mancherlei Hinsicht ähnelte. Das Ergebnis dieser Befragung liegt jetzt vor.