Bitterfelder Tafel Bitterfelder Tafel: Hilfe schon in Tonnen gemessen
Bitterfeld/MZ. - Die beiden Fahrer des Kleinbusses, Peter Stuller und Peter Barthel, die im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt unterwegs sind, um Lebensmittel für die "Bitterfelder Tafel" heranzuschaffen, haben ihre Mobiltelefone stets griffbereit. "Wenn ihr von eurer Tour zurück seid, dann fahrt gleich mal an der Zörbiger Konfitüre vorbei. Die haben noch etwas für uns", tönt es gerade aus der Freisprechanlage. Christa Mach, bei der die Fäden für die Tafel in der Jeßnitzer Straße der Kreisstadt zusammenlaufen, hatte den Anruf gerade von Zörbig entgegengenommen und gab die Information sofort weiter.
Am Vormittag waren die beiden Fahrer schon in Wolfen, Jeßnitz, Bobbau und Bitterfeld unterwegs. "Wir bekommen auch Anrufe von außerhalb des Kreises", so die Projektleiterin - aus Oranienbaum und Delitzsch. Auch arbeite die Bitterfelder Einrichtung mit den Tafeln in Halle, Quedlinburg und Dessau zusammen, holt Überschusswaren ab oder vermittelt an die jeweilige Tafel, die in der Nähe einer anbietenden Firma liegt. "Kürzlich brachten uns die Dessauer Käse, den wir gegen Kerzen sozusagen eintauschten." Die Bedürftigkeit steige ständig - überall.
Deshalb werde für die Lebensmittel auch kein Geld genommen, sondern nur ein kleiner Obolus verlangt, der ausschließlich in den Unterhalt des Fahrzeuges fließt - 55 Cent pro Kind und 1,05 Euro pro Erwachsener. "Aber nie mehr als 5,40 Euro pro Familie", setzt Christa Mach hinzu. Dafür bekommen die Bedürftigen aller 14 Tage mehrere Beutel voller Lebensmittel. "Es kann nur ein Zubrot sein", sagt Frau Mach. "Aber es hilft."
Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern gehören zu den ständigen Kunden. Dieses Klientel ist inzwischen auf bis zu 1 800 Personen pro Monat angestiegen. Obwohl es noch immer Hemmschwellen gibt, hat der jüngste Tag der offenen Tür hat gezeigt, dass ihre Zahl nicht kleiner wird.
"Angefangen haben wir vor zwei Jahren mit vier Geschäften, die uns ihre Überschusswaren kostenlos zur Verfügung stellten", blickt Projektleiterin Christa Mach zurück. "Heute sind es 45 Unternehmen." Monatlich kämen so locker zwischen acht und zehn Tonnen Lebensmittel zusammen - von Joghurt über Brot, Brötchen, Toast-Brot bis hin zu Dauerbackwaren, Obst und Gemüse. Und alles muss mehrmals in die Hand genommen werden. Da sind verderbliche Lebensmittel in Kühltruhen und Kühlschränken zu platzieren, ist Obst und Gemüse auszusortieren, Dauerbackwaren in den Regalen zu verstauen. "Bei den Mengen, die wir längst in Tonnen messen, da brauchen wir kein Fitness-Studio", scherzt die Projektleiterin.
Ihr kleines Team, zu dem auch die Köchin Helga Zeyda gehört, die wochentags für einen kleinen Kreis von Bedürftigen ein leckeres Mittagbrot zubereitet, nickt zustimmend. Das Essen aus der "Küche mit Herz", wie sie von allen inzwischen genannt wird, ist ebenfalls kostenlos. Und wer immer eine Hand frei hat, der hilft dort, wo gerade Not am Mann ist.
Seit knapp einen Jahr hat die "Bitterfelder Tafel" ihr Angebot noch erweitert. Am 1. Oktober 2001 wurde das Kinder- und Babystübchen eröffnet. Hier gibt es nicht nur Kinder- und Babysachen, sondern auch die entsprechenden Pflege- und Hygienemittel. Auch in der Partnerstadt von Bitterfeld, in Marl, wird inzwischen gesammelt. Die Leiterin der Bitterfelder Begegnungsstätte der Awo in der Anhaltsiedlung, Christa Heller, wird sich deshalb im Oktober gemeinsam mit ihrem Ehemann auf den Weg machen, um in Marl die Sachen abzuholen.