Bitterfeld-Wolfen Bitterfeld-Wolfen: Mehrfamilienhaus musste wegen Brand evakuiert werden
Wolfen/MZ. - Ein Blick in den Flur lässt erahnen, was sich am späten Sonntagabend in dem Wohnhaus in der Greppiner Straße 10 in Wolfen abgespielt hat: Wände und Decken sind rauchschwarz, eine Leuchte geschmolzen, auf dem Boden liegen verkohlte Reste nicht mehr erkennbarer Gegenstände.
Um 22.38 Uhr war die Ortsfeuerwehr Wolfen alarmiert worden, weil am Hauseingang mehrere Briefkästen und die Wechselsprechanlage brannten. Trotz des schnellen Einsatzes der Löschzüge Wolfen-Altstadt und Wolfen-Nord, so Pressesprecher Pascal Bommert, griff das Feuer auf den Eingangsbereich und auf einen Abstellraum über, in dem Gelbe Säcke gelagert waren. Durch brennende Kunststoffe entstand gefährlicher Qualm, der einigen Bewohnern die Fluchtwege versperrte. So mussten sieben Menschen von der Feuerwehr mit Leitern aus dem ersten Stock evakuiert werden, andere konnten sich selbst in Sicherheit bringen. Feuerwehrleute gingen von Tür zu Tür um zu überprüfen, ob jemand in den Ein- und Zwei-Raum-Wohnungen zurückgeblieben war. Wo sich nach dem Klingeln niemand meldete, wurden die Türen aufgebrochen.
Laut Mitteilung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost in Dessau wurden insgesamt 24 Menschen evakuiert. Ein 35- und ein 59-jähriger Mann sowie eine 67-jährige Frau wurden wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung in das Bitterfelder Klinikum eingeliefert, zwei weitere Personen ambulant behandelt.
Doch nicht nur Feuerwehrleute, Polizisten, Notarzt, Rettungsdienst und Sondereinsatzgruppe des DRK waren in der Nacht zum Sonntag im Einsatz. Kurz vor Mitternacht ging auch im Hotel "Deutsches Haus", das nur 100 Meter von dem betroffenen Mehrfamilienhaus liegt, ein Anruf von der Stadtverwaltung ein, dass für Evakuierte, die nicht bei Verwandten und Freunden untergekommen waren, Zimmer benötigt werden. Ein Hotel-Mitarbeiter benachrichtigte Geschäftsführerin Ines Laube. "Ich bin gleich hin, ich wohne ja in der Greppiner Straße, genau gegenüber von der Nummer 10", berichtet sie. Dort hat sie dann erfahren, dass 12 Betten benötigt werden.
Vier junge Männer, die im Hotel untergekommen sind, sitzen am Montagvormittag im Biergarten des Hotels an der Leipziger Straße und warten auf die Mitteilung, dass die Brandermittler und der Statiker das Haus wieder freigegeben haben. Erst dann dürfen sie, wie sie wissen, ihre Wohnungen wieder betreten.
Wie es war in der Brandnacht? "Im Flur hat man überhaupt nichts mehr gesehen", berichtet der 19-jährige Alexander Kabrodt. "Ich habe es viermal knallen gehört. Das muss so zwischen 22.30 und 23 Uhr gewesen sein, der Film ,Der Krieg des Charly Wilson' im Fernsehen war gerade zu Ende", erinnert sich Chris Römmling. Er habe einem Gehbehinderten geholfen, sagt er, aber das meiste hätten Feuerwehr und Polizei gemacht. Ein anderer in der Runde hat nur zweimal einen Knall gehört. Doch sie sind sich einig, dass es die Geräusche von explodierenden Spraydosen aus den Gelben Säcken gewesen sein müssen. Im Abstellraum, der nach ihren Worten nie zugeschlossen ist. "Zwischen 19 und 19.30 Uhr habe ich noch Müll runtergebracht, da war noch nichts", sagt David Jentzsch. "Und ich habe mir 21.15 Uhr noch eine Pizza geholt, da ist auch noch nichts gewesen", weiß Tino Oppitz, der trotz der aufregenden Stunden wie immer zum Schichtdienst gehen will. "Alles was ich brauche, habe ich auf Arbeit", ist er sich sicher. Die Gespräche im Freien kommen immer wieder auf die Frage zurück, wie es zu dem Brand gekommen sein könnte. Von allein kann das Feuer nicht entstanden sein, da muss jemand gezündelt haben, sind sie überzeugt.
Montagmittag ist es dann soweit. Die Hotel-Gäste aus der Greppiner Straße können wieder zurück in ihre Wohnungen in dem Haus, in dem nach dem Brand zwar keine Gefahr mehr besteht, in dem es aber noch jede Menge aufzuräumen, zu reparieren und zu renovieren gibt.
"Ein Glück, dass der Brand relativ zeitig entdeckt worden ist, so ist die Sache glimpflich ausgegangen", zieht Norbert Rückriemen, Vorstand der Wohnstättengenossenschaft Bitterfeld-Wolfen, der das Mehrfamilienhaus in der Altstadt von Wolfen gehört, eine erste Schadensbilanz. Die Gefahr der Rauchgasvergiftung, die die Bewohner im Tiefschlaf hätte treffen können, sei groß gewesen, so Rückriemen. Nun gehe es sofort ans Reinemachen und an die Instandsetzung. Eine Tür müsse zum Beispiel erneuert werden, bei anderen die Schlösser ausgetauscht werden. Und er hofft, dass die Polizei bald Hinweise von Zeugen bekommt, die am Sonntagabend etwas an dem ehemaligen Schwesternwohnheim in der Greppiner Straße beobachtet haben.