Bitterfeld-Wolfen Bitterfeld-Wolfen: Der Stadtrat zieht um

Wolfen/MZ - Die Stadträte von Bitterfeld-Wolfen haben ein Verständigungsproblem. Das liegt nicht immer daran, dass sie einander nicht zuhören wollen, sondern es ist schlicht und ergreifend häufig nicht möglich. Der Grund: Der Saal verfügt über eine miese Akustik, so dass man sich bei normalen Redebeiträgen schon stark konzentrieren muss. Redet ein Stadtrat aber besonders leise oder treten Nebengeräusche auf, versteht man kaum noch etwas.
Daher ist die Mehrheit der Stadtratsmitglieder nun einem Umzugsantrag von der Fraktion Die Linke gefolgt. Und so sollen vorerst - bis zur Verbesserung der Akustik - alle Debatten im Sitzungssaal des Gebäudes 063 im Städtischen Kulturhaus ausgetragen werden.
Ein altes Problem
Dabei ist das Problem nicht neu. Seit 2010 - also mittlerweile fünf Jahre - wird die schlechte Akustik des Ratssaals regelmäßig kritisiert. Sogar ein Gutachten wurde bereits eingeholt. Das besagt: „Der Ratssaal hat eine kreisrunde Grundfläche. Die geometrische Raumausdehnung steht in einem kritischen akustischen Verhältnis zueinander.“ Ferner beeinträchtigten „schallharte Wände, eine schallharte Decke und ein schallharter Fußboden die Nachhallzeit und die Sprachübertragungsgüte“. Was kompliziert klingt, ist ganz einfach zu übersetzen: Der Ratssaal vereint derzeit alle akustischen Nachteile in sich.
Um die abzustellen, ist die Wohnungs- und Baugesellschaft (WBG) gefragt. Ihr gehört das Wolfener Rathaus und sie hat Räume an die Stadt Bitterfeld-Wolfen vermietet, unter anderem auch den Ratssaal. Schon mehrfach hat sich das kommunale Unternehmen mit dem Akustikproblem auseinandergesetzt. Bislang allerdings ohne nennenswerten Erfolg, denn das Gebäude 041 ist ein Baudenkmal. „Damit“, so steht es in einer Mitteilungsvorlage, ist „das innere und äußere Erscheinungsbild des Bauwerks unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu betrachten“. Daher wurden vorgeschlagene Maßnahmen zur Verbesserung der Akustik im Ratssaal von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises als „nicht empfehlenswert“ eingeschätzt, da „Schallabsorber an den Wänden in Form von Akustikputz“ die „Denkmalqualität“ beinträchtigen würden.
Dennoch will die WBG am Ball bleiben. „Wir loten derzeit aus, was noch möglich ist, um die Akustik im Ratssaal zu verbessern“, sagt WBG-Geschäftsführer Jürgen Voigt. Was damit genau gemeint ist, wird auf MZ-Nachfrage nicht beantwortet. Damit scheint im Moment nur so viel festzustehen: Solange die WBG den Ratssaal im 041 akustisch nicht aufwertet, wollen die Stadträte im 063 tagen. Wie lange sie hier verweilen werden, hängt nun von der Wohnungs- und Baugesellschaft sowie der Denkmalschutzbehörde ab.