Bitterfeld Bitterfeld: Wo Diebesgut zu Gold wird
Bitterfeld/MZ. - Vierzoner, Zeppelin-, Thüringer-, Griesheim- und Röhrenstraße - die Spur der Metalldiebe zieht sich durch ganz Bitterfeld. Seit sich der Schrottverkauf wieder lohnt, verschwinden fast jeden Tag Rohre, Kabel, Dachrinnen, Zäune, Gullydeckel oder Regenrinnen. Selbst vor Bronzeskulpturen, Überflutungspumpen, Schaltschränken und Trafos machen die Täter nicht Halt.
Während Hausbesitzer und Firmen dann in neues Material investieren müssen, erhalten die Räuber noch einen tüchtigen Lohn in bar. Die Diebe verkaufen ihre Beute unerkannt auf Schrottplätzen.
Wurden in Anhalt-Bitterfeld im Jahr 2010 noch 237 Diebstähle registriert, waren es 2011 schon 321 (siehe Infokasten). Industriebrachen sind dabei ebenso betroffen wie Neubauten, berichtet Marcus Benedix, Chef des Revierkommissariats Bitterfeld-Wolfen. "Für manche Leute ist das eine lukrative Einnahmequelle." Als zwei Männer auf frischer Tat erwischt wurden, hatten sie noch Quittungen von Schrotthändlern bei sich. So konnten die Polizisten nachvollziehen, dass sie durch verscherbeltes Diebesgut 2000 Euro im Monat einnahmen.
In der Region will sich kein Schrotthändler zum Thema äussern. "Wir haben damit nichts zu tun" und "dazu können wir nichts sagen", heißt es auf MZ-Anfrage.
Ein Blick in die Bitterfelder Straße in Berlin verrät mehr. Dort hat Efrem Gouchev seinen Schrottplatz. "Wir verkaufen die Metalle an die Industrie. Das Metall wird eingeschmolzen und weiterverbaut", erläutert Gouchev. Dabei hänge der Preis vom Wert der Metalle an der Börse ab. "Aluminium, Kupfer und Co. werden an der Börse gehandelt und so hängt es zusammen", weiß Gouchev. Und der Handel scheint sich zu lohnen. Für eine halbe Tonne Kupferschrott zahlt Gouchev aktuell 4 400 Euro. Preisrechner gibt es im Internet, um den Wert von Schrott zu ermitteln.
Für fünf Kilogramm Batterien gibt es je nach Abnehmer etwa 1,50 Euro. Für fünf Kilogramm Kupfer gibt es schon rund 25 Euro. Wer mit großen Mengen aufwartet, kann die Haushaltskasse deutlich aufbessern. Jeder kann seinen Schrott zum Platz bringen. Erschreckend bleibt das illegale Geschäft.
Nach Benedix' Erfahrungen handelt es sich in den meisten Fällen nicht um Gelegenheitsdiebe und kleine Gauner, die mit dem Handwagen losziehen, sondern um gut ausgerüstete und organisierte Täter. "Sie kommen zum Großteil aus der Region und kennen sich deshalb in Bitterfeld-Wolfen gut aus. Sie sind in den meisten Fällen längst über alle Berge, wenn die Polizei zum Tatort gerufen wird", sagt Benedix.
Dabei erweist sich die Lage von Bitterfeld-Wolfen von Vorteil. "Es gibt eine typische Wohnbebauung mit Menschenkonzentration, Nähe zu Autobahnen, Bundesstraßen und zur Landesgrenze", weiß Benedix. Das nutzen die Metalldiebe. Selbst wenn bei einer Kontrolle ein Lkw voller Schrott verdächtig erscheint, ist es oft unmöglich, die Ladung als Diebesgut auszumachen. "Wenn Rohre fachgerecht zerlegt sind und die Isolierung von Kabeln entfernt ist, fällt der Nachweis schwer", so Benedix. Jede einzelne Tat müsse nachgewiesen werden. So etwas ist erst möglich, wenn Eigentum wie bei der Deutschen Bahn mit künstlichen DNA-Spuren gekennzeichnet wird.