Bitterfeld Bitterfeld: Vom Goldstein zum Hard Rock
bitterfeld/hamburg/MZ. - An Interviews muss sich Robin Hackemesser noch gewöhnen. Zwar sitzt der 25-Jährige wie ein Vollprofi im Bitterfelder Café Goldstein und beantwortet geduldig alle Fragen. Das rührt aber wohl eher daher, dass der Mann mit dem schulterlangen Haar selbst für eine Zeit lang als Journalist gearbeitet hat. "Es ist völlig neu für mich, auf der anderen Seite zu sitzen", sagt er dann doch etwas verlegen. Viel Zeit bleibt dem Gröberner aber nicht mehr zum Üben. Schon am Mittwoch könnte sein Leben eine ganz andere Richtung einschlagen.
Denn am Abend wird aus dem ruhigen Mann eine wahre Rockröhre, ein Vollblut-Musiker, der alles um sich herum vergisst. Zusammen mit seiner Band, den "Black Tooth Scares" (zu deutsch: der Schwarze-Zahn-Schreck), tritt er aber nicht in Bitterfeld, Wolfen oder Halle auf. Nein, am Mittwochabend wird in Hamburg gerockt und zwar dort, wo einst die Beatles ihre Fans begeisterten: im legendären Hard Rock Café. Beim Bandwettbewerb "Hard Rock Rising" treten sie im Finale des Contests gegen zwei andere Bands aus der Republik an. Für die Band, die am Mittwochabend das Rennen macht, rückt ein wahrer Musiker-Traum in greifbare Nähe: ein Auftritt im Londoner Hyde Park im Vorprogramm von Bruce Springsteen und eine eigene Platte.
Über Gewinnen oder Verlieren haben sich die vier Bandmitglieder noch keine Gedanken gemacht. "Wir fahren nach Hamburg, geben unser Bestes und haben eine gute Zeit", sagt Sänger Hackemesser, der die Hard-Rock-Band mit drei Freunden vor fünf Jahren gegründet hat. Nachdem am Schlagzeug zweimal umbesetzt wurde, startete die Band im September des vergangenen Jahres durch. Ihr Sprungbrett: der Nachwuchswettbewerb Local Heroes. Zunächst entschieden sie das Regionalfinale in Dessau für sich, danach auch das Landesfinale in Magdeburg. Während des Bundesfinales in Salzwedel, wo Bands aus ganz Deutschland, aller Musikrichtungen zusammen kamen, wurde ein Management aus Itzehoe (Schleswig-Holstein) auf die Rocker aufmerksam. Auch wenn sie am Ende nicht als Sieger feststanden, so hatten die Vier zumindest Kontakte geknüpft, Auftritte in Itzehoe und Hamburg folgten. Auch am Hard-Rock-Rising-Wettbewerb meldeten sie die Manager an. Per Facebook-Abstimmung - Internetnutzer konnten für einen Song stimmen, der mit den meisten Klicks gewann - kamen die Jungs aus Anhalt-Bitterfeld eine Runde weiter. "Wenn du erst einmal eine Fanbase hast, dann läuft das wie ein Länderspiel", sagt Hackemesser.
Von 100 Bands belegten sie den zweiten oder dritten Platz - genau kann sich der 25-Jährige nicht mehr erinnern. Neun Bands durften anschließend im Hard Rock Café auftreten, wo "Black Tooth Scares" die Jury überzeugte. "Die waren total begeistert von uns, haben vor allem unsere Bühnenpräsenz gelobt", erinnert sich Hackemesser. Dabei kostet ein solcher Auftritt sehr wohl Überwindung für den Gröberner. Geplagt vom Lampenfieber sei er jedes einzelne Mal, vergehen werde das wohl nie, sagt er. Eine andere Sache also, an die sich der gelernte Mediengestalter gewöhnen muss. Denn: "Wir wollen das Dorffest-Band-Image ablegen, wollen die Musik zu unserer Profession machen." Gewinnen sie am Mit6twochabend, kommen sie in den weltweiten Ausscheid. Dessen Sieger wird schließlich in London auftreten.
Die vier Musiker wollen aber erstmal eine Plattenfirma von sich überzeugen. Vier Auftritte in einer Woche haben sie schon gehabt. "Das war wie eine kleine Tour. Da haben wir auch gemerkt, dass es ziemlich anstrengend ist und man auch diszipliniert sein muss", sagt Hackemesser. Am Mittwoch aber, wenn es nach Hamburg ins Hard Rock Café geht, dürfen sie ihre Disziplin noch einmal zu Hause lassen.