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Bitterfeld Bitterfeld: Todesschüsse im Morgengrauen

Von Katrin Löwe 27.09.2012, 07:15

Bitterfeld-Wolfen/MZ. - "Wir gehen davon aus, dass er seinem Kollegen helfen wollte", sagte Staatsanwaltschafts-Sprecher Christian Preissner am Donnerstag. Nach bisherigen Ermittlungen habe er mehrere Schüsse abgegeben, als ein 38-jähriger Tatverdächtiger seinen Kollegen angriff. Laut Preissner muss nun geklärt werden, ob der Einsatz der Waffe angemessen und durch Nothilfe - eine Form der Notwehr - gedeckt war.

Der getötete Mitbetreiber eines Tattoo-Studios stand unter Verdacht, am Vorabend gegen 22 Uhr seine ehemalige Freundin lebensgefährlich verletzt zu haben. Die 27-jährige Frau lag laut Preissner mit Stichverletzungen im Bauch-, Brust- und Rückenbereich auf der Straße, als die Polizei eintraf, und musste intensivmedizinisch behandelt werden. Beide sollen bis mindestens vor einem halben Jahr eine Beziehung gehabt haben, die auseinander ging. Die Hintergründe des Angriffs seien aber noch unklar. Nach der Tat und Hinweisen auf den 38-Jährigen sei längere Zeit nach ihm gesucht worden. Gegen 1.15 Uhr wurde laut Preissner bekannt, dass der Mann mit einem Motorrad unterwegs ist und sich offenbar umbringen will. Entsprechende Einträge mit Suizidabsichten tauchten auch im Internet auf seinem Facebook-Account auf.

Nachdem er in seiner Wohnung nicht angetroffen wurde, habe es Erkenntnisse zu dem Tattoo-Studio gegeben, so der Oberstaatsanwalt. Gegen 3 Uhr sollen Beamte gesehen haben, dass sich darin jemand aufhält. Versuche, mit Schlüsseln eines zweiten Betreibers ins Haus zu kommen, seien gescheitert. "Es steckte von innen ein Schlüssel." Ein Spezialeinsatzkommando war nach MZ-Informationen zwar angefordert, aber noch nicht eingetroffen, als die Lage eskalierte.

Gegen 4.20 Uhr ist der 38-Jährige nach bisherigen Ermittlungen aus dem Haus gestürzt und hat "mit einem messerähnlichen Gegenstand" auf den Kopf des am nächsten stehenden Beamten eingeschlagen, so Preissner. Dass es sich um eine rund 50 Zentimeter lange Machete gehandelt haben soll, bestätigte er zunächst nicht.

Der 59-jährige Polizeihauptmeister wurde schwer verletzt. Sein Kollege habe mehrere Schüsse abgegeben, an denen der Tatverdächtige noch vor Ort starb. Der 38-Jährige, hieß es, sei polizeibekannt, allerdings nicht wegen Gewaltdelikten.

Wie oft und wohin genau der Beamte geschossen hat und ob es zunächst Warnschüsse gab, konnte Preissner am Donnerstag nicht sagen. Aufschluss darüber soll unter anderem die Obduktion des Toten bringen. Die 27-jährige Frau und der verletzte Beamte sind inzwischen außer Lebensgefahr, hieß es. Beide liegen in der halleschen Klinik Bergmannstrost. Der Schütze, ein Polizeiobermeister, hat sich Behördenangaben zufolge vorläufig krankschreiben lassen. Seine Waffe wurde sichergestellt.

Nach Angaben des Innenministeriums gab es in Sachsen-Anhalt von 2000 bis 2011 keinen Fall, in dem ein Mensch durch Schüsse aus einer Polizeiwaffe starb. Minister Holger Stahlknecht (CDU) wird den verletzten Beamten voraussichtlich am Freitag besuchen.