Bitterfeld Bitterfeld: Real-Markt auf der Kippe
bitterfeld/MZ. - Manchmal schaut Isis Mädlin in erschrockene Gesichter. "Ihr schließt? Das könnt Ihr uns nicht antun!", sagen die Kunden zur Betriebsratsvorsitzenden vom Real-Markt in der Anhaltstraße. Sie muss in letzter Zeit oft erklären. "Es kursieren Gerüchte. Für alle ist das eine Schocknachricht." Denn der Markt steht auf der Kippe: Real will den Mietvertrag über 2015 hinaus nur verlängern, wenn sich weitere Geschäfte in dem Gebäude ansiedeln können.
Neues Konzept
"Es stehen immer mehr Flächen leer, erst ist der Praktiker-Markt ausgezogen, zuletzt hat Aldi hier aufgegeben", sagt der Vertriebsleiter Karsten Pudzich. "Dadurch wurde der gesamte Standort geschwächt. Und es ist zu befürchten, dass noch mehr Märkte dicht machen. Wir können aber nur überleben, wenn der Standort wieder aufgewertet wird." Das funktioniere nur, indem der Real ansprechender gestaltet wird und vor allem, indem sich Fachmarktgeschäfte ansiedeln. Die sollen in die Freifläche des ehemaligen Praktiker-Marktes ziehen. Etwa drei bis vier Geschäfte, unter anderem ein Babyfachmarkt, seien denkbar. Es gebe Interessenten, das Nutzungskonzept hat der Stadt vorgelegen. Man wäre auch zufrieden, wenn Fachmärkte, die weiter rechts neben dem Real liegen, in das Gebäude umziehen Dazu gehören Takko, Babyparadies, Schuhcenter, Fressnapf und Dänisches Bettenlager.
Doch genau das will die Stadt Bitterfeld-Wolfen verhindern. Eine Erweiterung der Fläche in der gewünschten Größenordnung kommt für sie nicht in Frage. Das Einzelhandelskonzept spreche dagegen. "Darin ist ganz klar geregelt, welche Sortimente wo in der Stadt angeboten werden sollen", erklärt Stadtsprecherin Annett Vogel. "So soll verhindert werden, dass sich die Märkte noch mehr Konkurrenz machen. Was Real will, ist eine Erweiterung der Verkaufsfläche um Sortimente, die der Innenstadt vorbehalten sind. Es können aber nicht alle Sortimente überall zugelassen werden." Und auch ein Umzug der bestehenden Geschäfte komme nicht in Frage: "Dann würden sich an deren ehemaligen Standorten zusätzlich Geschäfte ansiedeln. Auch damit würde die Verkaufsfläche erweitert und das geht nicht."
Innenstadt im Fokus
Im Einzelhandelskonzept steht die Entwicklung der Bitterfelder Innenstadt an oberster Stelle. Der Fokus liegt derzeit auf dem Schweinemarkt, dort sollen die Goitzsche-Arkaden entstehen. Den Zuschlag hat bereits ein Investor bekommen, die Stadt hofft auf eine Umsetzung. Die Anhaltstraße ist im Konzept als sogenannter Ergänzungsstandort geführt. Er ist für die Versorgung sehr wichtig, die Gesamtverkaufsfläche soll aber nicht erweitert werden. Fachgeschäfte mit einer bestimmten Größe sollen vor allem in die definierten Zentren gelenkt werden.
Real wartet auf Signal
"Wenn wir anfangen, unser Konzept aufzuweichen, dann stehen sofort jene Interessenten vor der Tür, die wir wegen des Konzeptes ablehnen mussten, und klagen", sagt Vogel. Die Stadt bedauert die Überlegungen von Real. "Wir möchten, dass der Standort erhalten bleibt. Er ist nicht nur für die Anhaltsiedlung wichtig, sondern auch für diejenigen, die mit dem Auto zum Einkaufen kommen." Grundsätzlich sei aber nur eines möglich: "Die Freifläche kann für den Handel wie Baumarkt, Möbelhaus oder auch einen Gartenfachmarkt genutzt werden. Weil sie kein Sortiment anbieten, das mit dem der Innenstadt konkurrieren könnte." Man wolle das Thema in den Ausschüssen diskutieren und Real kontaktieren. "Die Verwaltung empfiehlt, am Einzelhandelskonzept festzuhalten", so Vogel.
Bis Mitte 2013 muss aber der Weg für Real klar sein, sagt Pudzich: "Wir stehen zum Standort Bitterfeld und planen eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des Marktes." Bis zu vier Millionen Euro wolle man investieren. "Aber wir brauchen ein klares Signal von der Stadt." Rund 85 Arbeitsplätze bei Real in der Anhaltstraße stünden auf dem Spiel. "Das wäre für alle eine Katastrophe", sagt Isis Mädlin. "Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter ist schon seit Beginn hier, seit 1990. Viele sind sauer, dass die Stadt sich nicht in der Verantwortung sieht, die Arbeitsplätze zu erhalten. Und wo sollen vor allem die älteren Menschen noch einkaufen? In der näheren Umgebung gibt es doch nichts."