Bitterfeld Bitterfeld: Museum zeigt «Helden der Kindheit»
bitterfeld/MZ. - Mit dem kleinen grünen Schwein hat Barbara Schneider am Strand von Baabe gespielt. Das ist 40 Jahre her. Doch an den Ostseeurlaub erinnert sich die Bitterfelderin genau. "Wir durften damit im Sand spielen, meine Schwester hatte so ein Schwein mit Matrosenmütze in Rosa."
Nun ist das grüne Plasteschwein ein Exponat im Bitterfelder Kreismuseum. Ausgestellt in einem Koffer voller Spielsachen, die bei Besitzern und Besuchern Erinnerungen wecken. Wie der einäugige Teddy oder der Kutscher, dem die Peitsche abhanden gekommen ist. Sie sitzen in anderen Koffern, die von Leuten aus Anhalt-Bitterfeld gepackt wurden.
Zur Eröffnung der Ausstellung "Helden der Kindheit" am Donnerstagabend wird Episode um Episode erzählt. Jedes der jahrzehntelang aufbewahrten Stücke hat seine Bedeutung und seine Geschichte. Für Silke Reinsch sind es unter anderem Ballettschuhe und Kasperpuppen, mit denen sie mit einer selbst erdachten Geschichte bei einem Schulwettbewerb den zweiten Platz belegt hat. Das hat die Bitterfelderin nicht vergessen. Auch nicht, dass ihre Puppe mit Holzkopf in ihrem Sportunterricht unentwegt Handstand und Spagat üben musste. Silke Reinsch ist Berufsschullehrerin geworden.
"Puppen haben mich nicht interessiert, ich war ganz vernarrt in die Kaltblutpferde auf dem Holzplatz der Eltern", berichtet Rosemarie Speckmann. Die Jeßnitzerin hat ein prächtiges Langholz-Fuhrwerk zur Ausstellung beigesteuert, ein Weihnachtsgeschenk ihrer Eltern. An die Buchbinderei ihrer Schwiegereltern erinnert das Büchlein "Putzis Freud und Leid". Und in dem gut 70 Jahre alten Weidenkorb hat ihr Bruder auf seinen Bahnfahrten zur Ausbildung in Thüringen seinen Reiseproviant - Gläser mit Wurst von zu Hause und anderes - transportiert.
"Das ist alles ein Stück Kindheit. Was gibt es Schöneres?", sagt Birgit Schmidt. Einen der Spielzeug-Koffer in der Bitterfelder Schau hat sie gemeinsam mit ihrem Mann gefüllt. Es sind Fundstücke von Flohmärkten und Tauschbörsen, auf denen die Akener seit 1995 alles, was mit Spielzeug zu tun hat, zusammentragen. Es ist inzwischen soviel geworden, dass sie schon anbauen mussten. Bilderbücher, Weihnachtsbaumschmuck und Spieluhren gehören zu ihren Schätzen. Die größte Freude für Klaus Schmidt ist jedoch, wenn er beim Herumstöbern die Dinge wiederfindet, die einst seine Spielzeug-Träume waren. So hat er genau den gleichen Bahnhof und den gleichen Tunnel entdeckt, mit denen er im Alter von acht, neun Jahren gespielt hat. Sein großes Vorbild sei der Kosakenführer Kotschubej gewesen, erzählt Klaus Schmidt. "Die Roten waren die Guten, das haben wir im Sommer mit Holzgewehren nachgespielt." Im Herbst hat er dann stundenlang Schiffs- und Flugzeugmodelle gebaut. "Klebstoff und Ausschneidebogen gab es für 1,50 Mark. Zum Trocknen durfte ich alles auf den Küchenschrank legen", erinnert er sich. So hatte jede Jahreszeit ihre Besonderheit. Im Winter war es das Schönste, erzählt er, wenn das Licht ausgemacht wurde, um im Dunkeln die beleuchtete Eisenbahn im Kreis herumsausen zu lassen. "Das war wie eine andere Welt." Die Bahn wurde verkauft, als Fotoapparat und Zelt heiß begehrte Objekte wurden.
Das sind für die achtjährige Victoria Busse - wie an dem von ihr gestalteten Koffer zu sehen ist - Hannah Montana, Kim Gloss, Monster High und das Vampirmädchen Draculaura. Sie alle kommen im Januar, wenn die Ausstellung im Kreismuseum abgebaut wird, zurück in ihr Kinderzimmer. Wie alle Mädchen hat sie dort auch Geheimnisse, die sie ins Tagebuch schreibt - natürlich passwortgeschützt.