Bitterfeld Bitterfeld: Mit Therapie neues Leben beginnen
BITTERFELD/MZ. - Fast noch druckfrisch ist das Papier, das dem 35-Jährigen die Finanzierung einer Alkoholsucht-Therapie bestätigt. Vor Gericht rettete ihm dieses Schreiben gewissermaßen den Kopf: Er wurde zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt - mit der Auflage, jene Therapie zu absolvieren und einen Nachweis darüber zu erbringen.
Vorgeworfen worden war dem Mann Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis. Ein Delikt, das nicht unbedingt mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden muss, wie Richter Hubert Grätz in dem Prozess vor dem Bitterfeld-Wolfener Amtsgericht bestätigte. Doch: "Was Ihnen auf die Füße fällt", wandte er sich in seiner Urteilsbegründung an den Angeklagten, "ist nicht einmal dieser Fakt, sondern sind Ihre einschlägigen Vorstrafen."
Der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt. Zwölf Jahre hat er nach eigenen Angaben schon hinter Gittern verbracht, die erste Jugendstrafe erhielt er im Alter von 17 Jahren wegen Diebstahls. Wenig später bereits saß er wegen Körperverletzung mit Todesfolge auf der Anklagebank.
Was sich jedoch fast von Anfang bis Ende durch seinen Bundeszentralregister-Auszug zieht, sind Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit am Steuer. Bis heute hat er übrigens keinen Führerschein - dazu ist er nicht gekommen ob der jeweiligen Sperren, die mit den vielen Urteilen in diesem Zusammenhang verbunden waren.
Erneut straffällig geworden in dieser Hinsicht ist er nun am 11. Januar dieses Jahres. Da war der Mann gegen 19.20 Uhr im Bitterfelder Krankenhaus aufgefallen, weil er stark betrunken war und trotzdem Auto gefahren ist. Die Polizei wurde gerufen, und die Blutentnahme eine halbe Stunde später sollte den Sachverhalt bestätigen: 2,6 Promille ergab die Probe. Vor der Polizei hat er damals noch abgestritten, selbst gefahren zu sein - wie es auch vorher oft seine Masche war, solche Taten abzustreiten.
Deshalb schien es diesmal recht verwunderlich, dass er zu Beginn der Beweisaufnahme unumwunden zugab, an jenem Abend Auto gefahren zu sein. Und er wisse auch, dass dies nicht richtig gewesen sei. Doch er sei bei einer Feier gewesen und seine Frau ins Krankenhaus eingeliefert worden, da habe er schnell zu ihr gewollt.
"Ich gebe das jetzt zu und gut ist", begann er seine Erklärung, dass er endlich soweit sei, vom Alkohol wegkommen zu wollen und deshalb eine Therapie beantragt habe. Auch auf den Hinweis des Richters, dass solch eine Therapie nicht ganz leicht zu bewältigen und ein ganz fester Wille dafür die erste Voraussetzung sei, reagierte er recht überzeugend.
Zu seiner positiven Prognose gehört auch, dass er eine Arbeit aufgenommen hat - zwar noch auf Basis eines Nebenverdienstes, aber mit der Aussicht, wie er sagte, nach der Therapie fest eingestellt zu werden.
All das bewog auch Oberamtsanwältin Claudia Hülßner als Anklagevertreterin von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, eine Freiheitsstrafe auf Bewährung zu beantragen - um ihm die Gelegenheit zu geben, sein Leben in den Griff zu bekommen. Allerdings plädierte sie auf ein Jahr und sechs Monate Haft. Das Gericht entschied letztlich auf 14 Monate.
Und auch Grätz betonte, dass der Angeklagte eine Chance bekommen solle, wenn er denn wirklich solch einen ernsten Willen habe. Jedoch gehört zu den Auflagen, dass der 35-Jährige auch in den nächsten 18 Monaten keine Fahrerlaubnis besitzen darf.
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung erklärten Rechtsmittelverzicht, so dass das Urteil rechtskräftig ist. "Wenn Sie dann geheilt sind, wollen wir Sie hier nicht wieder sehen", gab Hubert Grätz dem Mann noch mit auf den Weg.
Eine Hürde hat jener allerdings noch zu überwinden: Vor wenigen Monaten ist er auch in Leipzig erwischt worden, als er ohne Führerschein mit dem Auto durch die Stadt fuhr. Das letzte Mal, wie der junge Mann ausdrücklich versichert. Bleibt für ihn und seine Vorhaben zu hoffen, dass er auch bei dieser noch ausstehenden Verhandlung mit einem blauen Auge davon kommt.