Bitterfeld Bitterfeld: Einst der schönste Stadt-Park
BITTERFELD/MZ. - Immerhin, so Liehmann, sei ja schon mal ein Konzept vorgestellt worden, wie dieser Park neu gestaltet aussehen könnte.
Heinz Stäubert ist ein Bitterfelder mit Herz und Seele. Und er ist von Kindesbeinen an sehr geschichtsinteressiert. "Der Park sah mal sehr schön aus" erzählt der 84-Jährige. "Als ich 1933 in die Schule gekommen bin, war das erste, was wir Jungs machten, Briefmarken sammeln. Und da gab es einen Poststempel, auf dem stand "Bitterfeld - Stadt der Grünanlagen". Und so war es. Wir hatten den Park, in dem war hinten ein Seerosenteich, ein Schwanengehege und sogar ein Sprungturm für Fallschirmspringer. Auf dem Teich sind wir im Winter mit den Schlittschuhen gewesen. Eine große Voliere gab's - später entstand dort der kleine Tierpark." Stäubert kommt regelrecht ins Schwärmen.
Doch dann war es aus mit aller Schönheit. Nach dem Krieg war ein großer kahler Platz übrig geblieben. Ein Turnplatz, wie Stäuber sagt, auf dem auch der Zirkus sein Zelt aufschlug und der Rummel stattfand. Und am 17. Juni 1953, daran erinnert er sich genau, haben die Bitterfelder sich dem Volksaufstand in der DDR angeschlossen und dort auch protestiert. Er lacht und meint: "Wer von dort kam, musste sich sofort die Füße waschen. Die waren nämlich schwarz. Dass dann dort etwas Grünes für die Bitterfelder entstand, das war sehr erfreulich."
Und hier kommt der gestandene Bergmann Gerhard Liehmann ins Spiel. Wer weiß heute schon noch, dass das einstige Braunkohlenkombinat mit der Grünanlage zu tun hat? Hat es, sagt Liehmann und erklärt es. Als er 1963 als Tagebauleiter von Holzweißig nach Bitterfeld kam, erinnert er sich, sah der Platz noch genau so aus, wie Stäuber ihn beschrieb: Schlacke, schwarze Erde, zwei Gräben - die ehemalige Stadtbefestigung - zogen sich bis hin zum Lober. "Wo wir früher mit dem Schlitten gerodelt sind, da war jetzt lauter Schutt drin", so Stäuber.
Die Stadt wollte den schwarzen Platz mitten im Zentrum weg haben. Und eigentlich sollte hier mal der Kulturpalast stehen, die politische Entscheidung fiel anders aus. Blieb also nur, ihn neu zu gestalten. ",Wir machen das', haben wir gesagt und mit der Stadt zusammengearbeitet. Wir hatten ja die gute Technik: Dumper, LKW, Greifer", blickt Liehmann zurück. "Mit der alten Schlacke haben wir die Gräben verfüllt. Alles vermessen, geebnet, Muttererde drauf, Gras drauf, Wege angelegt. Nach und nach hat die Stadt mehr draus gemacht." Sie hat Hochbeete angelegt, einen Gehweg, mehrere Springbrunnen. Und die Bergleute, sagt Liehmann, die haben 1975 in Höhe der Galerie am Ratswall im Park einen Springbrunnen gebaut und betreut, der war der Hit: Das Wasser sprudelte als Spirale und Fächer, eine Dia-Show mit Bildern von Bitterfeld lief im Hintergrund und dazu erklang Musik ",Die Moldau' von Smetana, die ,Wassermusik' von Händel - das war ein wirklich schönes Ding." Dargestellt werden sollte die Symbiose von Licht, Wasser, Luft und Grün, so Liehmann und der Stolz auf das, was seine Bergleute mit der Stadt geschaffen haben - den sieht man noch heute in seinem Blick.
Die Arbeiten sind in den DDR-typischen NAW-Stunden, meist am Wochenende, erledigt worden. "Als der Park fertig war und ganz Bitterfeld glücklich, sprach die damalige Bürgermeisterin Else Petruschka von einer grünen Lunge. Seit 1966 heißt die Anlage mitten in Bitterfeld nun ,Grüne Lunge'", sagt Gerhard Liehmann lächelnd. Schade nur, dass es nach 1990 mit der Instandhaltung der Anlage nicht mehr so weiter ging. Der Bergmann-Brunnen ist abgerissen, die anderen ruhen.