Bitterfeld Bitterfeld: Ein Vorrat im Haus muss immer noch sein
BITTERFELD/MZ. - Der Brennstoffhändler aus Fürstenwalde, der über Niederlassungen in Zerbst und Wittenberg auch Kunden in Sachsen-Anhalt mit Braunkohlenbriketts beliefert, weiß auch, warum das so ist: Weil Öfen mit Sichtfenstern in Mode gekommen sind.
Der Umsatz der "totgesagten Branche" habe sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Immer mehr Menschen würden die "Wärme und Gemütlichkeit" eines Kamin- oder Kachelofens schätzen, zumal Holz und Kohle immer noch die preiswertesten Energieträger seien, so Thamm.
Für den Bitterfelder Brennstoffhändler Wolfgang Rudolph ist das Geschäft mit Holz, Kohle und Koks indes nicht so in Schwung gekommen. "Die Baumärkte graben uns das Wasser ab", sagt er. Gerade mal 20 Zentner habe er in letzter Zeit als größte Menge verkauft, die meisten Kunden holten sich nur die kleinen abgepackten Brikett-Bündel aus dem Lausitzer Revier. Die Preise für die Braunkohlenbriketts seien auch nach oben gegangen. So hat sich Rudolph, der sein Geschäft 1981 vom Vater übernommen hat, auf Transporte verlegt, er fährt Kies auf Kinderspielplätze oder Mutterboden in Kleingärten.
Diesen Schwenk hat auch die Wolfener Spedition Hoffmann vollzogen und den Brennstoffhandel so gut wie aufgegeben. Auf dem Firmengelände gibt es nur noch Restbestände an Kohle, im vergangenen Jahr hatte es nur fünf, sechs Bestellungen gegeben.
Auf dem Lande sieht das anders aus, dort scheint das Geschäft mit Holz und Kohle zu florieren. So, wie Gas- und Strompreise steigen, steige auch der Verbrauch an Holz und Kohle, hat Silke Richter beobachtet, die mit ihrem Sohn einen Brennstoffhandel in Stumsdorf betreibt. "Jeder, der einen Schornstein hat, stellt sich einen Kamin oder Ofen in einen zentralen Raum." Ihren Hof in der Riedaer Straße verlassen die Kunden oft mit einem typischen Energie-Mix zum Heizen. "Zum Kanister Heizöl kommen drei Flaschen Propangas, ein Päckchen Kohle und ein Sack Holz." Die preisgünstigere lose Ware geht meist in Haushalte, die einen Heizkostenzuschuss bekommen. "Die Arge gestattet nur lose Ware", erklärt die Stumsdorferin. Die Menge werde nach Kriterien wie Größe der Wohnung und Anzahl der Bewohner berechnet und der Bezugsschein für die Heizperiode vom 1. Oktober bis 30. April ausgestellt. Dass Bezuschusste nur geschüttete Kohle beziehen dürfen, hält sie für zumutbar. "Damit hat man halt ein bisschen mehr Arbeit."
Unter den Kunden, die vor allem aus Zörbig und Umgebung kommen, sind viele Ältere, die ihre Kohle in 10- und 25-Kilogramm-Bündeln oder in Säcken ordern und bis in den Keller oder Schuppen transportiert haben wollen. Das ist in Stumsdorf Chefsache. Silke Richters Sohn Mark steht inzwischen dem Unternehmen vor, das in den dreißiger Jahren von seinem Urgroßvater gegründet worden ist. Beim Bringe-Service wird die Kohle genau dort hingebracht, wohin sie der Kunde haben will, sagt er, selbst wenn er quer über den Hof über eine Mauer zum Stall und von dort auf den Boden klettern muss.
Manchmal wundert er sich, dass Rentner Briketts nachbestellen, obwohl sie noch einige Zentner im Haus haben. Silke Richter versteht das: "Die Älteren brauchen einen Vorrat, sie haben schon ganz andere Zeiten erlebt."