Ben Hur von Zschepkau Ben Hur von Zschepkau: 63-Jähriger lässt die Römerzeit wieder auferstehen

Zschepkau - Feurig, kraftvoll, Flanken blitzen - Zschepkaus Pflaster vibriert, wenn Ben Hur um die Ecke pfeift: mit Wastel und Fuzi. „Ave, Caesar, morituri te salutant - heil dir, Caesar, die Todgeweihten grüßen dich!“ Im 140-Seelen-Dorf im Landkreis Anhalt-Bitterfeld spricht man auch Latein. Aber: nicht immer. Hier wird im Winter nacktes Bein gezeigt. Ganz sicher: immer öfter. Denn Hans-Joachim Bach liebt es so authentisch wie möglich. Ihn nennen alle Ben Hur. Den einzig Wahren in Sachsen-Anhalt.
Er wird bejubelt, gehuldigt, bestaunt, wenn er den Römerwagen wie zu Zeiten im Jahre 26 nach Christi Geburt lenkt. Ohne Bremsen, ohne Technik des 21. Jahrhunderts. Nur mit Manneskraft und seinen treuen Shetlandponys Wastel und Fuzi - in Zschepkaus Circus Maximus. Auf zwei Rädern heizt Ben Hur mit bis zu 40 Kilometern pro Stunde über die Rennbahnen, Arenen, Festplätze Deutschlands. Der Römerwagen - Marke Eigenbau - ist nicht leicht zu lenken, aber ein statisch ausgeklügeltes Meisterwerk. „Da wirken Fliehkräfte, das glaubt man kaum“, erzählt Bach. Da haut es einen ab und zu aus dem Wagen. Auch Ben Hur. Doch, ein Römer kennt keinen Schmerz.
Die Räder seiner Eigenproduktion haben schon immer historisches Pflaster gespürt - in einer Scheune habe er sie entdeckt. Auf ihnen ruhte einst eine Kanone. „Die halten was aus, das ist gewiss“, sagt der 63-Jährige. Müssen sie auch. Über 30 Jahre ist Bach in seiner Freizeit: Fahrer, Lenker, Denker. Alles muss klappen, damit am Ende der Show „Ben Hur“ gehuldigt wird. Klappen muss es auch im Beruf. In der Agrargenossenschaft Löberitz ist der Zschepkauer beschäftigt. Kümmert sich dort täglich ums liebe Vieh. „Tiere sind eben mein Leben.“
Römerwagen mit Ponys
Sein Glücksbringer ist übrigens die Flagge Italiens. Die weht bei jedem Rennen. Dabei geht es nicht ums Gewinnen, sondern ums Können.
Das erfordert Teamarbeit, meint Bach. Teamarbeit zwischen Mensch und Pferd. Die Ponys Wastel (14) und Fuzi (12) sind seit Jahren Ben Hurs treue Begleiter. Ihre Form ist entscheidend. Die muss trainiert werden - auch über den Jahreswechsel. „Speck lähmt.“ Es ist eben wie im richtigen Leben. Das gelte auch für ihn. Sein Prinzip: Immer in Bewegung bleiben. Wer sich gehen lässt, der stirbt schneller, hat Hans-Joachim Bach gehört.
Der Winter sei auch die Zeit, um Zubehör wie Halfter, Zaum, Stricke, Zügel zu pflegen. Manchmal stecke der Teufel im Detail. Alles muss perfekt sein, wenn die Römer-Wagen-Saison 2016 startet. Sieben Höhepunkte sind für Ben Hur im kommenden Jahr schon gesetzt. Zum Beispiel: das Römertreffen bei Gera in Thüringen und der Sachsen-Anhalt-Tag in Sangerhausen. Dort reist er mit Freundin und seinem treuen Gefolge an, das wohnt im Nachbarort in Salzfurtkapelle. Es ist der kurze Weg, der sie verbindet - und die Geschichte des Römischen Reichs, die sie alle gemeinsam fasziniert und in den Bann zieht. „Das waren noch Zeiten“, sagt Hans-Joachim Bach. Der hätte damals selbst gern gelebt. „Doch es ist eben anders gekommen.“
Was ihm bleibt, sind Bücher und Filme - letztere kennt er alle und wird nimmermüde, sie zu sehen. Charlton Heston war eines Ben Hurs würdig, findet Bach. Der würde selbst gern mal in einem Sandalenfilm seine Spuren hinterlassen. „Eine Rolle als Komparse, das wär’s.“ Doch bis es so weit ist, wird er auch 2016 in Arenen und auf Festplätzen mit Wastel und Fuzi seine Runden drehen und grüßen: Ave Caesar! (mz)

