Bauern in Anhalt-Bitterfeld Bauern in Anhalt-Bitterfeld: Kartoffel fordert den Landwirt

roitzsch - Sie heißen Acapella und Iroise, Juliane und Selma. Und in Roitzsch heißt sie Agria und ihr Gedeihen ist auch das Gedeihen des Landgutes Dobler. Denn Kartoffeln sind das Hauptprodukt des Unternehmens. Das erklärt Betriebsleiter Franz Retzer Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aikens (CDU), der dem Gut einen Arbeitsbesuch abstattet, und führt ihn durch das Unternehmen.
Letztes Erntejahr fällt aus dem Rahmen
Mit rund 900 Hektar Anbaufläche, auf denen in kurzer Fruchtfolge auch Getreide, Raps und Zuckerrüben angebaut werden, gehört das Landgut Dobler zu den mittleren landwirtschaftlichen Betrieben in Anhalt-Bitterfeld. 1991 übernahm Landwirt Johannes Dobler die fünf Betriebsstätten der früheren Roitzscher LPG und gründete das Gut, das sich heute am Sportplatz befindet und ausschließlich auf Pflanzenproduktion ausgerichtet ist.
Rund sechs Millionen Euro hat der Bayer seitdem investiert und einen modernen Betrieb etabliert. „Fast alle Gebäude hier draußen wurden entkernt, saniert oder umgebaut“, sagt Retzer, der seit 1995 die Geschicke des Betriebes leitet - angefangen vom imposanten Technik-Park bis hin zur optimalen Lagerung der Feldfrüchte in riesigen Hallen. Sage und schreibe rund 13 000 Tonnen Kartoffeln können die aufnehmen. Das letzte Erntejahr, so Retzer, sei wegen der enormen Erträge in ganz Deutschland aus dem Rahmen gefallen. Zwei Millionen Tonnen mehr als üblich sind geerntet worden. „Das bringt den Markt zum Absturz“, erklärt der Betriebsleiter. So ist auch in Roitzsch noch eine der Hallen fast voll. Bis Ende Juni muss das Problem gelöst sein.
Zwischen 30 und 410 Euro
„Früher“, sagt er, „war eine gute Ernte der Stolz der Bauern. Heute drückt ein hohes Angebot den Preis.“ Die billigste Ernte, die das Landgut je eingefahren hat, lag nach eigenen Angaben übrigens unter 30 Euro pro Tonne, die teuerste hingegen bei 410 Euro pro Tonne. Dennoch ist Retzer kein Freund davon, die Märkte politisch regulieren zu wollen, wie er sagt.
Schon immer habe es gute und schlechte Jahre für die Bauern gegeben. Ging es da früher um die Erträge, gehe es heute um den Preis.
Viel Aufwand für die Kartoffel
Zehn Mitarbeiter sind im Landgut Dobler beschäftigt - für 900 Hektar seien das viel, so Retzer. Die Kartoffel fordert eben trotz moderner landwirtschaftlicher Methoden viel Aufwand. Apropos moderne Landwirtschaft: Laut Statistik fließen rund elf Prozent des Familienetats heute in den Kauf von Nahrungsmitteln aus herkömmlicher Produktion wie in Roitzsch. Auf rund 50 Prozent hingegen summiert es sich, entscheidet man sich für Bio-Produkte. „Wir Landwirte haben schon aus wirtschaftlichen Gründen selbst kein Interesse daran, mehr Dünger oder Pflanzenschutzmittel als nötig auszubringen“, so Retzer. Für die Optimierung sowohl des Düngens als auch für die Bodenbearbeitung und die Ernte selbst übrigens sorgen inzwischen ausgeklügelte Systeme. „Kartoffeln stoppeln lohnt sich schon lange nicht mehr“, meint Retzer lachend. „Unsere Maschinen lassen fast nichts liegen.“ (mz)
