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Barockkirche Burgkemnitz Barockkirche Burgkemnitz: Matthias Eisenberg spielt auf der Wäldner-Orgel

02.09.2015, 17:43
Matthias Eisenberg beim Konzert in der Stephanikirche in Aschersleben vergangenes Jahr.
Matthias Eisenberg beim Konzert in der Stephanikirche in Aschersleben vergangenes Jahr. archiv/Tobias Lizenz

burgkemnitz - Er ist ein Virtuose an der Orgel, einer, der Kirchen und Konzertsäle füllt, der Improvisationen hinlegt, die die Zuhörer leicht und fröhlich packen. 1980 sollte er als der jüngste Organist des neuen Leipziger Gewandhauses das Prestige der DDR aufpolieren. Das ging nicht lange gut in dem kleinen Land - der Mann kann denken ... Und er sieht die Welt mit schönem Humor. Am 5. September (17 Uhr) spielt Matthias Eisenberg an der Wäldner-Orgel in der Barockkirche Burgkemnitz. Christine Färber unterhielt sich mit ihm.

Sie sind zum 9. Mal hier, Sie gehören ja schon zu Burgkemnitz. Warum zieht es Sie eigentlich immer wieder hierher?

Eisenberg: Die Verbindung ist durch Thomas Kunath zustande gekommen, wir hatten wohl den selben Orgellehrer in Leipzig. Das verbindet halt irgendwie.

Aber auch so scheint es Ihnen hier zu gefallen ...

Eisenberg: Die Wäldner-Orgel klingt sehr schön. Überhaupt - die ganze Kirche gefällt mir. Einmal, weiß ich noch, bin ich eine Stunde zu spät gekommen zum Konzert. Da war mir auf der Fahrt ein Reifen geplatzt. Das Publikum hat treu auf mich gewartet.

Das kann ja mal passieren. Sind Sie sonst ein pünktlicher Typ?

Eisenberg: Eigentlich bin ich bei einem Konzert lieber vor der Zeit da. Sonst halte ich was vom akademischen Viertel. Und was soll ich sagen? Ich habe noch nie was verpasst. Es kommt im Leben alles zu seiner Zeit, es eilt nichts. Übertriebene Geschäftigkeit führt auch zu nichts. In der Bibel heißt’s: ,Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.’

Was spielen Sie am Sonnabend?

Eisenberg: Auf alle Fälle Felix Mendelssohn Bartholdy, Johann Sebastian Bach, Richard Barthmuß - übrigens der bedeutendste Organist der Dessauer Marienkirche - und Johann Ludwig Krebs. Also Fugen und was Choralgebundenes, vor allem aus der Zeit des Barock und der Romantik.

Die Leute warten natürlich auf Ihre Improvisationskunst ...

Eisenberg: Ha, seien Sie mal neugierig! Das Improvisieren, das ist eine besondere Gabe. Die hat man oder man hat sie nicht. Ich spiele seit 50 Jahren Orgel, also ewig - da möchte einem schon etwas einfallen. Andererseits: Ich kenne Kollegen, die hervorragend spielen und die haben diese Gabe nicht. Man kann mit Üben viel hinkriegen, aber nicht alles.

Man denkt es nicht, aber Sie sind ein rastloser Mann was Heimat angeht. Unter anderem auch auf Sylt waren Sie Kantor. Was zog Sie zurück - fast in die alte Heimat?

Eisenberg: Ach, die beste Sahnetorte schmeckt irgendwann auch nicht mehr! Ein Wechsel bietet immer eine neue Chance - beruflich wie privat. Auf Sylt ist der Winter lang. Aber das Leben ist kurz. Nun wohne ich im Spreewald, in Straupitz. Bandenburg ist sehr bodenständig, das ist nicht Sachsen. Aber wenn man Ruhe sucht, ist man im ländlichen Bereich in Brandenburg gut aufgehoben. Ja, und Spontanität war früher mehr angesagt. Heute wägt man eher ab, jeder hat ziemlich mit sich zu tun.

Tja, aber was wollen Sie tun?

Eisenberg: Ich kann dagegen gar nichts tun. Oft fehlt die Solidarität zwischen den Menschen. Bildung ist eine große Triebkraft und Humor ist der Katalysator. Vielleicht kann Musik ein bisschen was gegen Beschränkung und Enge tun. Sie kennen den uralten Spruch vom Kopf, der nicht nur für den Friseur da ist? Wenn ich mit Kunst da was bewegen könnte, hätte ich schon einiges erreicht. Ich denke, wenn die Menschen sich traditioneller Kultur mehr zuwenden würden, wäre das für alle ein Gewinn. Aber momentan sind wir da irgendwie im Tal.

Ihre Konzertorte sind voll, das Publikum ist treu, will Sie hören ...

Eisenberg: Der große Boom der Orgelmusik ist zurückgegangen. Das Publikum wird älter und älter. Ja, und junge Leute? Heute hört man ja nur noch Krächzen aus dem Radio, das hat mit Singen nichts zu tun. Und keiner nimmt Anstoß. Schöbel und Heino - das ist Gesang, die haben Stimmen. Naja, fürs Krächzen gibt’s auch Liebhaber.

Welche Musik hören Sie denn daheim?

Eisenberg: Ich? Zu Hause? Ich brauche keine zusätzliche Geräuschkulisse. Diese ständige Beschallung, diese Kaufhausmusik, die ist so furchtbar. Keine Angst - ich bin mit Musik ausreichend versorgt.

Mal ehrlich und für alle Musikschüler: Üben Sie wirklich jeden Tag?

Eisenberg: Man sollte jeden Tag üben. Punkt. Ich selbst? Naja, ich sag mal so: Hmmm. Wie ich am Schlaf und (leider noch nicht genügend) am Konsum spare könnte, kann ich notfalls auch mal am Üben sparen.

Sie sind nach verschiedenen Stationen wieder selbstständig ...

Eisenberg: Ich war immer mein eigener Chef. Ich bin frei und das ist gut so. (mz)