Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Wie fördert man das Richtige?
Bitterfeld/MZ. - Seit dem 3. Januar ist Erik Laue keine Angestellter mehr, sondern Existenzgründer. Nach 20 Jahren Arbeit war Ende vergangenen Jahres plötzlich Schluss. Also meldete sich der 38-jährige Hufschmied im neuen Jahr zwei Tage arbeitslos und beantragte bei der Agentur für Arbeit sogleich einen Existenzgründungszuschuss. "Mit diesem Gedanken habe ich mich schon mehr als zwei Jahre lang beschäftigt."
Obwohl der gebürtige Schlaitzer vom Amt noch keine Rückmeldung bekommen hat, zieht er nun schon seit drei Wochen durchs Land und beschlägt Tierhufe im norddeutschen Raum. "Gerade die Anfangszeit ist schwierig", weiß er. "Man muss Kontakte aufbauen oder sich die notwendige Ausrüstung anschaffen. Da käme die finanzielle Unterstützung schon sehr gelegen." Daher wartet der Hufschmied nun gespannt, ob der Gründungszuschuss gewährt wird, denn mit dem neuen Jahr hat sich hier einiges verändert. Zum einen ist der Zuschuss seit dem 1. Januar keine Pflicht-, sondern eine Ermessensleistung, sprich: Die Arbeitsagentur kann Anträge auch ablehnen. Zum zweiten haben sich die Bedingungen der finanziellen Unterstützung geändert, denn die erste Förderphase wurde um drei Monate verkürzt.
Dies alles ist für Anja Wohlgethan schwer nachzuvollziehen, denn die Ego-Pilotin berät "Gründungswillige" im Altlandkreis und hat im vergangenen Jahr 55 Menschen aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit begleitet. 50 davon mit Gründungszuschuss. "Ein äußerst erfolgreiches arbeitsmarktpolitischen Instrument", wie sie meint. Die nun erfolgten Veränderungen sind für sie ein "schwerer Fehler", denn gerade in der Anfangszeit brauchten die Selbstständigen "eine Starthilfe".
Zwar gebe es heute in manchen geförderten Bereichen (Nagelstudios oder Hausmeisterdienstleistungen) eine gewisse "Übersättigung", aber es existierten - so wie bei Hufschmied Erik Laue - immer noch vielversprechende "Nischen". Die nun geltenden Neuerungen hätten zur Folge, dass "man nun bereits vor Beginn der Arbeitslosigkeit wissen muss, ob man sich selbstständig macht". All diese Verschärfungen könnten dazu führen, dass die Zahl der Gründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus in diesem Jahr sinkt.
Davon geht auch Petra Bratzke aus. Sie ist die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Halle und nennt einige Zahlen. "Im vergangenen Jahr gab es im Agenturbezirk knapp 550 Existenzgründungsanträge. 95 davon entfielen auf den Altlandkreis Bitterfeld. Die Zahlen sind im Vergleich zu den Vorjahren damit konstant." Wie hoch der nun erwartete Rückgang sei, ließe sich schwer beziffern. Doch die Schlussfolgerung, dass mit der Halbierung des Zuschusses (bundesweit von 1,8 auf ein Milliarde Euro jährlich) sich auch die Neugründungen halbieren würden, könne man so nicht ziehen.
"Trotz der ganzen Diskussion ist es unsere oberste Priorität, Arbeitslose wieder in Arbeit zu vermitteln - auch ohne Förderinstrumente." Das heiße aber nicht, dass der Gründungszuschuss nun generell verwehrt werden würde. "Die persönliche Eignung der Gründungswilligen und ein tragfähiges Geschäftskonzept werden von uns wohlwollend geprüft und gefördert. Was wir aber nicht wollen, sind Angstgründungen, um die Arbeitslosigkeit zu umgehen."
Zu diesen "Angst- oder Verlegenheitsgründern" gehört Thomas Olschewski nicht. Zwar hätte sich der 45-jährige Brehnaer so oder so mit seinem auf Bauelemente und Baumontage spezialisierten Ein-Mann-Betrieb selbstständig gemacht, aber durch die Beratung von Sabine Hartung vom gleichnamigen Dienstleistungsbüro ist er 2011 auf den staatlichen Zuschuss aufmerksam geworden und hat noch unter den "alten Bedingungen" angefangen. "Das hat mir Sicherheit gegeben, denn die Grundkosten waren gedeckt." Zwar sei ein gutes Konzept bereits die halbe Miete, aber ohne anfängliche Unterstützung ist die Umsetzung einer Geschäftsidee "doch wesentlich härter".