Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Mehr als ein Job
SANDERSDORF/MZ. - "Achtung", schallt der Befehl laut und klar durchs Sandersdorfer Stadion und im nächsten Moment stehen die 105 Rekruten der 5. Kompanie des Sanitätsregiments 32 aus Weißenfels stramm. Wie angegossen sitzen die blauen Barette auf den Köpfen der jungen Frauen und Männer und auch ihre Uniformen offenbaren keinerlei Makel, denn die Soldaten der Patenschaftskompanie der Stadt Sandersdorf-Brehna geben in wenigen Minuten ihr feierliches Gelöbnis ab und werden vereidigt.
Zu ihnen gehören auch Juliana Gabriel und Christian Roschinsky. Während die junge Frau (24) die 38 weiblichen Rekruten des Jahrgangs vertritt, ist der 17-Jährige sicherlich einer der jüngsten Soldaten hier. Und obwohl die beiden Zeitsoldaten bereits seit sieben Wochen die harte Grundausbildung absolvieren, bereuen sie ihre Entscheidung nach eigenem Bekunden nicht eine Sekunde. "Wenn man sich vorab mit allem sehr intensiv auseinander gesetzt hat, dann wird man auch nicht überrascht", sagt Juliana Gabriel selbstbewusst. Und wie schaut es mit Auslandseinsätzen aus? "Auch darüber bin ich mir voll und ganz im Klaren."
Dass dennoch ein Einsatz in Mazare Sharif, Feyzabad oder Kunduz die kühnsten Vorstellungen übertrifft, bestätigt Klaus Weyh. Der Hauptmann pflegt die Patenschaft zur Gemeinde und war selbst schon in Afghanistan, im Kosovo oder im Libanon stationiert. "Unabhängig von der militärischen Situation ist bei solch einem Einsatz prinzipiell alles anders - sei es das Klima, die Sprache oder die Kultur", lautet seine Erfahrung. Daher würden die operativen Einsatzkräfte der Weißenfelser Sanitätstruppe für die medizinische Versorgung vor dem Auslandseinsatz sechs Monate speziell ausgebildet.
Das unterstreichen auch Djamila Dürrschmidt (Hauptfeldwebel / 33 Jahre) und Maria Weber (Oberfeldwebel / 24) noch einmal. Beide sind - so wie etwa 40 weitere Soldaten des Sanitätsregiments - frisch aus Afghanistan bzw. dem Kosovo zurück gekommen und nehmen im Rahmen der Vereidigung an einem Rückkehrerappell teil. Und so widmet sich der Bürgermeister der Stadt Sandersdorf-Brehna, Andy Grabner, in seiner Rede eben jenen Soldaten.
"Sie sind heil und unversehrt nach Hause zurückgekehrt. Doch leider ist das auch bis zum heutigen Tage keine Selbstverständlichkeit", sagt Grabner, der 1993 seinen Grundwehrdienst selbst in der Weißenfelser Kaserne absolvierte. "Die vergangenen Monate haben uns einmal mehr vor Augen geführt, wie gefährlich ihre Arbeit ist." Und auch der Kommandeur des Sanitätsregiments, Axel Zwad, sagt in Richtung der Soldaten und Rekruten sowie der zahlreich anwesenden Angehörigen: "Ich weiß, ihr Einsatz war nicht leicht. Die ständigen Bedrohungen, das fordernde Klima und die Abwesenheit von der Familie und Heimat, waren Belastungen, die noch verarbeitet werden müssen."
Nach diesen Ausführungen ist es soweit und die Rekruten sprechen ihr Gelöbnis wie aus einem Munde. "Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen." Und obwohl an dieser Stelle das Gelöbnis endet, kommt einem der Satz vom ehemaligen Verteidigungsminister, Peter Struck, wieder in den Sinn: "Deutschlands Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt."
Und hier, am Nordfuß des Gebirgsausläufers, war Djamila Dürrschmidt als Sanitäterin in einem internationalen Militärcamp in der afghanischen Stadt Masar-e Sharif stationiert. Die Berufssoldatin legte ihr Gelöbnis bereits 1998 ab und gehört - wenn man so will - zu den alten Hasen in der Truppe. Und obwohl der ISAF-Einsatz (Internationale Unterstützungstruppe) unter dem Mandat der Vereinten Nationen steht und als Sicherheits- und Aufbaumission deklariert ist, habe man in einem "instabilen Umfeld" immer noch eine "hohe Gefährdungslage". Auch daher habe sie während ihres zweimonatigen Aufenthalts in der Intensivstation des Feldlazaretts das eingezäunte und bewachte Camp kaum verlassen. "Doch durch eingelieferte Einheimische, die durch Schüsse oder Sprengstoff verletzt wurden, erkennt man schnell, dass das, was wir machen, mehr als nur ein Job ist."