Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Jeßnitzerin hat Schwein
jessnitz/MZ. - Es fällt Claudia Bracke nicht schwer, anderen Leuten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Dafür muss die Jeßnitzerin nur eine kleine blaue Leine schnappen und einen Namen rufen: "Amy, hierher", johlt die 46-Jährige. Und sobald sie ihn ausspricht, tappeln schnurstracks kurze, schwarze Schweinebeinchen über die Fliesen in ihrem Hausflur. Grunzen hier, Schnüffeln da - und schon steht Minischwein Amy bei Frauchen parat. Zeit zum Gassigehen.
Seit einem halben Jahr lebt das gedrungene, schwarze Schwein mittlerweile bei Claudia Bracke in Jeßnitz. Dort betreibt die gebürtige Usedomerin eine Tierpension, pflegt ehrenamtlich kranke, abgegebene und verstoßene Tiere. Auch Amy ist ihren früheren Besitzern über den Kopf gewachsen. Als Haustier wollten sie den Paarhufer in ihrer Neubauwohnung halten, "doch irgendwann ist sie wahrscheinlich einfach zu groß geworden", sagt Claudia Bracke. Angepriesen werden die kleinwüchsigen Hausschweine etwa im Internet mit einem Maximalgewicht von 30 Kilogramm. Amy bringt bei einer Scheitelhöhe von 35 Zentimetern jetzt schon 25 Kilogramm auf die Waage, ist aber mit einem Jahr noch längst nicht ausgewachsen. "Sie wird vielleicht mal auf 50 Kilo kommen", meint ihr Frauchen. Minischweine, die bis zu 60, gar 80 Kilogramm schwer werden, seien aber auch keine Seltenheit. "Deshalb ist der Auslauf, die Bewegung, auch so wichtig", betont die gelernte Tierpflegerin.
Und Auslauf bekommt Amy in Jeßnitz zur Genüge. Wenn die Schweinedame nicht gerade mit ihren Hauern den Rasen in Claudia Brackes Garten trimmt, dann ist mindestens einmal am Tag eine große Runde an der Leine fällig. Dabei dürfen auch Amys Mitbewohner, zwei Hunde, nicht fehlen. "Sie kommen alle super miteinander aus", erzählt Tierliebhaberin Bracke. Für Passanten aber bleibt Amy das Highlight beim Gassigehen. "Es gibt eigentlich keinen, der nicht schmunzelt oder einen witzigen Kommentar auf Lager hat." Vor allem, wenn die Jeßnitzerin mit ihrer ganzen Tierbande einmal im Monat den Senioren im Altersheim einen Besuch abstattet, sieht die 46-Jährige viele Gesichter strahlen. "Da kommt Amy richtig gut an, ist fast so etwas wie ein Therapieschwein", findet sie.
Für Claudia Bracke selbst ist Amy aber in erster Linie ein Glücksschwein. Das Minischwein bellt nicht, haart nicht, riecht nicht, "und Amy beißt keine Briefträger", sagt die Jeßnitzerin. Stubenrein ist das Minischwein von Anfang an gewesen, benutzt für ihre Geschäfte ein Katzenklo. Mehr als eine 200-Gramm-Portion Obst und Gemüse braucht Amy nicht am Tag. "Fressen könnte sie trotzdem andauernd." Vor allem Äpfel, Gurken und Kartoffeln würde sie am liebsten ständig mampfen. "Alles in allem ist sie sehr pflegeleicht." Wie lange Amy aber noch in Jeßnitz wohnen wird, weiß Claudia Bracke nicht. "Auch wenn es mir schwer fallen wird, wünsche ich mir ein Zuhause für Amy, wo noch ein anderes Schweinchen herumtollt, wo sie genügend Auslauf bekommen kann." Auch um einen frechen Stupser ist das Minischwein nicht verlegen. "Vielleicht bringt das ja Glück für das nächste Jahr, ich bin mir sicher, sie wird noch für manch Überraschung sorgen", sagt Frauchen Bracke.