Alltag ohne Job Alltag ohne Job: So ein Monat kann schon lang sein
Bitterfeld/MZ. - Die Kinder haben Ferien. Urlaubsstimmung? "Ja, schon", sagt Daniela Niemerski. Eine große Reise jedoch kann sich die 30-Jährige mit ihren beiden Kindern nicht leisten. Sie ist allein erziehend und arbeitslos.
Also geht es für eine Woche wenigstens "nach Hause" - das ist in Ermsleben im Landkreis Aschersleben-Staßfurt. Die drei sind gerade beim Packen. "Morgen fahren wir zu meinen Eltern und dem Rest der Familie", sagt die junge Frau. Und sie freut sich drauf, vor allem für die elfjährige Sarah und für Dominic (5). "So kommen sie wenigstens mal raus."
Obwohl große Sprünge mit der Arbeitslosenhilfe nicht drin sind, versucht Daniela Niemerski, ihren Kindern so viel wie möglich zu bieten. Die Tochter war schon für einige Tage im Ferienlager. Ansonsten spielen die Beiden viel draußen mit Freunden. Oft sitzt sogar die ganze Hausgemeinschaft auf dem Hof, da geht es dann sehr lustig zu, wird auch mal Federball oder Karten gespielt. Und Nachbarn sind es auch, die die kleine Familie mit dem Auto in die Heimat von Daniela fahren. "Denn die Zugfahrt wäre zu teuer geworden."
Die gelernte Chemiefacharbeiterin hat ihre Ausbildung in den Landkreis Bitterfeld verschlagen. Doch als sie die Lehre in der Wolfener Filmfabrik 1990 beendet hatte, befand sich das Land im Umbruch - und Sarah war unterwegs. "Bei den Prüfungen hatte ich schon einen dicken Bauch." So bekam sie nach dem Babyjahr eine zweijährige ABM, war danach das erste Mal arbeitslos. Durch die Scheidung von Sarahs Vater lief es auch privat nicht besonders.
Richtig arbeiten in ihrem Beruf konnte die junge Frau nicht. Umschulung und Fortbildung wechselten sich ab mit Arbeitslosigkeit. Dann wurde Dominic geboren, doch 1999 scheiterte auch die Beziehung zu dessen Vater. Jetzt bekommt Daniela schon das dritte Jahr Arbeitslosenhilfe. Und obwohl dazu noch Wohngeld, Kindergeld und Unterhalt kommen, ist nicht viel übrig zum Leben. Nach allen Abzügen wie Miete, Strom und Versicherungen bleiben rund 600 Euro im Monat.
Essen, Kleidung, Schulzeug, Waschmittel, Kosmetika - was eben so alles gebraucht wird - muss davon beglichen werden. "Einfach ist das nicht", sagt Daniela Niemerski, "bei den Preisen heutzutage." Ständig hält sie Ausschau nach Sonderangeboten, denn so ein Monat kann schon lang sein. Im Haushalt kaputt gehen darf nichts, sagt sie mit Blick auf die Waschmaschine, die nach 13 Jahren den Geist aufzugeben droht. Und ein neues Kleidungsstück für die Mutter ist auch selten drin, "die Kinder gehen vor".
Die junge Frau möchte gern arbeiten, würde auch putzen gehen oder eine Umschulung beginnen. Doch sie ist durch die Kinder zeitlich eingeschränkt. Für die in Angeboten meist geforderte Fahrerlaubnis fehlt das Geld, "außerdem könnte ich ein Auto ohnehin nicht unterhalten". Die Hoffnung gibt Daniela Niemerski dennoch nicht auf - und auch nicht ihre Lebensfreude: "Es bringt nichts, den Kopf hängen zu lassen, schon allein der Kinder wegen", meint sie optimistisch.
Wenn die drei aus dem Urlaub kommen, ist auf jeden Fall ein Abstecher ins Sandersdorfer Strandbad geplant. Und mal sehen, vielleicht ist ja auch noch ein Ausflug in den Leipziger Zoo drin.