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17. Juni 17. Juni: Vom Gedenktag zu einem Ausflugstag

Von Jan Baumgart 28.08.2003, 17:21

Bitterfeld/MZ. - Kaum im Bewusstsein der Bundesbürger und dennoch unumstößlich: Die Forderung, den 17. Juni als nationalen Gedenktag, als Tag der deutschen Einheit zu etablieren, sei keinesfalls vom konservativen Lager ausgegangen. Unmittelbar nach dem Volksaufstand forderte bereits Sozialdemokrat Herbert Wehner die Einführung eines solchen Tages, der Bundestag beschloss dies schon im Juli 1953.

Der 17. Juni wird zum Tag des Gedenkens, des aktiven Bekenntnisses für die deutsche Einheit. Mahnfeuer, Fackelzüge bestimmen die Szenerie in der alten Bundesrepublik. Die Freien Demokraten setzen mit ihren Gedenkaktivitäten stark auf die nationale Komponente, feiern im symbolträchtigen Teutoburger Wald und stellen den Kampf der Germanen gegen die Römer, die Toten zweier Weltkriege und die Opfer des 17. Juni im Osten Deutschlands auf eine Stufe.

Sehr schnell allerdings, so Kraushaar, wurde der Gedenk- immer mehr zum kollektiven Ausflugstag. Arbeitsfrei, Zeit zum Entspannen - die Forderung, den Feier- wieder in einen Arbeitstag zu verwandeln, scheitert an den Gewerkschaften.

Allerdings hätten auch veränderte internationale Rahmenbedingungen dazu geführt, über Alternativen zum Gedenktag nachzudenken, erinnert Kraushaar. Denn in einer Phase der Politik der kleinen Schritte, der Annäherung an den Osten, wie sie die sozialliberale Koalition betrieb, sei der Feiertag eher ein Fremdkörper gewesen. Zugleich sank das Empfinden der deutschen Einheit als wichtigste Frage der Zeit bei den Bürgern der alten Bundesrepublik immer weiter: 1969 wurde die Einheit noch von 22 Prozent der Bundesbürger als wichtig empfunden, 1972 sagte dies lediglich ein Prozent.

Gedenkfeiern gab es dennoch jährlich im Bundestag, das Schicksal des Feiertages "17. Juni" sei allerdings mit dem 3. Oktober 1990 besiegelt gewesen, ist Kraushaar sicher. Der 17. Juni, so der ehemalige Innenminister Wolfgang Schäuble, sei fortan kein Feiertag mehr, an seine Stelle sei der Tag der Vollendung der deutschen Einheit getreten. Nationaler Gedenktag bleibe der 17. Juni jedoch, öffentliche Gebäude würden dann beflaggt sein.

Kraushaar, Fazit ziehend: "Viel mehr außer wehenden Fahnen war vom anfangs so pathetisch besetztem Gedenk- und Feiertag nationaler Größenordnung nicht geblieben." Dennoch: Der 17. Juni gehöre zu den am besten erforschten und dokumentierten Ereignissen der deutschen Nachkriegsgeschichte.