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Verstorbener Musiker Ingo Insterburg Zum Tod von Ingo Insterburg: Komiker verbrachte Kindheit und Jugend in Bernburg

Von Katharina Thormann 04.11.2018, 10:55
Ingo Insterburg und Karl Dall weihten 2004 den Eulenspiegelturm am Schloss Bernburg ein.
Ingo Insterburg und Karl Dall weihten 2004 den Eulenspiegelturm am Schloss Bernburg ein. Sielmon

Bernburg - Er war der Musik-Kabarettist der 1970er Jahre, spielte Saxofon mit einem Abwasserschlauch, stand mit Klaus Kinski und Karl Dall auf der Bühne und verbrachte - was viele vielleicht gar nicht wissen - seine Kindheit und Jugend in Bernburg.

Nun ist Ingo Insterburg, der mit dem Ohrwurm: „Ich liebte ein Mädchen...“ den ganz großen Durchbruch schaffte, im Alter von 84 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Auch in Bernburg ist die Betroffenheit groß.

„Ich werde nie vergessen, wie lustig, nett und unkompliziert er war“, erinnert sich Bernburgs Kulturdezernent Paul Koller an seinen Auftritt vor einem Jahr, als er ihn das letzte Mal traf. „Er liebte Bernburg sehr“, erzählt Koller.

„Er liebte Bernburg sehr“, erzählt Kulturdezernent Koller

Auf die Frage, welche bekannten Persönlichkeiten Bernburg zu bieten hat, antwortete Koller auf seinen Reisen bisher immer mit zwei Namen: Hellmuth Karasek und Ingo Insterburg. Nach dem Tod des bekannten Literaturkritikers Karasek vor drei Jahren ist auch der zweite Sohn der Stadt nicht mehr am Leben.

Mutter zog mit vier Kindern von Zschopau nach Bernburg

Wie es die aus Ostpreußen vertriebene Familie Wetzker, so der eigentliche Nachname Insterburgs, überhaupt erst nach Bernburg verschlug? „Es waren die großen Laster voll Mohrrüben!“, erzählt Jürgen Weigelt, ehemaliger Museumsdirektor und guter Bekannter Insterburgs.

Von der Fracht, die in Bernburg gesichtet wurde, hatte Insterburgs Mutter gehört. Weil sie ihre vier Kinder allein zu ernähren hatte - der Vater befand sich nach dem Krieg in Gefangenschaft -, zog sie mit ihnen kurz nach Kriegsende von Zschopau im Erzgebirge in die Saalestadt.

„Das ist hier wie Insterburg“

„Bernburg gefiel uns sehr gut, das ist hier wie Insterburg“, schrieb der Künstler, der sich nach seiner Heimatstadt benannte, in seinem Buch „Die ersten 23456 Tage meines Lebens“. Auch, dass er die Schulbank erst in der Franz-Mehring-Schule und später am heutigen Gymnasium Carolinum drückte.

„Es war eine sehr ärmliche Familie. Die Mutter nähte, um für die Kinder Essen kaufen zu können“, erinnert sich eine Mitschülerin von Insterburgs Schwester an die Familie. Sie war zwar zwei Jahre älter als Insterburg. Aber auch bei den „Größeren“ hinterließ er auf dem Schulhof einen bleibenden Eindruck. „Er brachte öfter mal einen Kochtopf und Quirle mit, machte damit Musik und erzählte Geschichten“, erinnert sich die Bernburgerin.

Musik mit Quirlen auf einem Kochtopf

Auch wenn Insterburg schon nach dem Schulabschluss im Jahr 1953 das Weite nach Westberlin suchte, so ganz vergessen konnte er Bernburg nie. Darum war es für ihn selbstverständlich nach dem Mauerfall nicht nur für Filmaufnahmen für die ARD Mitte der 1990er Jahre wieder zurückzukehren, sondern auch für weitere Auftritte - zur großen Freude vom ehemaligen Museumschef Jürgen Weigelt:

„Ich war als 18-Jähriger Riesenfan von Insterburg u. Co. Als sich dann herumsprach, dass er in Bernburg auf die Penne gegangen sein soll, habe ich nach der Wende alles versucht, ihn hierher zu holen.“ Mit Erfolg!

Jürgen Weigelt hatte Insterburg und Dall eingeladen

2004 gerieten er und sein Freund Karl Dall auf dem Schlossgelände ins Blitzlichtgewitter der Medienvertreter. Denn beide hatte Weigelt eingeladen, um den Eulenspiegelturm nach fünfjähriger Bauzeit wieder einzuweihen. Seitdem empfängt dort die von Weigelt selbst gesprochene Eulenspiegelfigur die Besucher.

Es sollte aber bei weitem nicht der letzte Auftritt für Insterburg in Bernburg gewesen sein. Auch MZ- Fotograf Engelbert Pülicher traf den Künstler vor sechs Jahren, als er als Stargast beim Mittelstandsball im Serumwerk auf der Bühne stand.

Er verriet ihm sein Geheimrezept gegen Lampenfieber und holte aus der Tasche eine Tafel Vollmilchschokolade. Dazu der Tipp des gestandenen Komikers: „Wenn du aufgeregt bist, dann iss zwei, drei Stückchen Schokolade!“

„Ich liebte ein Mädchen in Bernburch, da brach im Himmel ein Stern durch“

Ob er sie auch bei seinem Auftritt ein Jahr später im Carl-Maria-von-Weber-Theater brauchte, um eine weitere Strophe an seinen Kulthit zu dichten? Denn da sang er für das Publikum: „Ich liebte ein Mädchen in Bernburch, da brach im Himmel ein Stern durch.“

Die Liebe führte ihn ein letztes Mal im August dieses Jahres nach Bernburg. Nicht, um noch einmal seine Jugendliebe zu treffen. Stattdessen saß er als Trauzeuge für seinen langjährigen Manager im Trauzimmer des Rathauses und gratulierte dem Paar wie auch der anwesende Jürgen Weigelt, mit dem er im Anschluss noch einmal durch die Stadt seiner Kindheit und Jugend fuhr: „Es war ein wenig bedrückend, da schon da abzusehen war, dass es wohl sein letzter Besuch in Bernburg gewesen sein wird.“ (mz)

Jürgen Weigelt und Ingo Insterburg beim letzten Treffen im Sommer im Rathaus.
Jürgen Weigelt und Ingo Insterburg beim letzten Treffen im Sommer im Rathaus.
Weigelt
Unter anderem in der Beethovenstraße 7 lebte Ingo Insterburg in Bernburg.
Unter anderem in der Beethovenstraße 7 lebte Ingo Insterburg in Bernburg.
Pülicher