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Vom Zapfhahn aufs Rad Vom Zapfhahn aufs Rad: Ralf Sommerlatte schaut gern Anglern zu

Von Torsten Adam 10.06.2020, 15:56
Ralf Sommerlatte vor der „Schifferklause“: Hier, im ehemaligen Vorwärtsheim, sammelte der 66-Jährige seine ersten gastronomischen Erfahrungen.
Ralf Sommerlatte vor der „Schifferklause“: Hier, im ehemaligen Vorwärtsheim, sammelte der 66-Jährige seine ersten gastronomischen Erfahrungen. Engelbert Pülicher

Bernburg - Es gibt nur wenige Bernburger Lokale, in denen er noch nicht gearbeitet hat. In der Gastronomieszene der Stadt ist Ralf Sommerlatte bekannt wie ein bunter Hund. Seit er zu Jahresbeginn das Nicolaicafé und die K+S-Kantine an seine langjährige Mitarbeiterin Ramona Neumann abgab, genießt der 66-Jährige das Rentnerdasein.

Seine Geburtsstadt hat Ralf Sommerlatte nur einmal längere Zeit verlassen - für den Armeedienst in Bad Frankenhausen. Aufgewachsen in Bernburg wollte er nach dem Schulabschluss an der POS Karl Liebknecht Koch und Kellner lernen. „Doch es gab damals anders als heute nicht genügend freie Ausbildungsplätze“, erinnert er sich.

Vorerst eine Ausbildung zum Schmied absolviert

Statt ein Jahr auf eine freie Lehrstelle zu warten, nahm er eine Ausbildung zum Schmied auf, kellnerte nebenher bei Manfred Lahne im „Paradies“, im „Klubhaus der Bauschaffenden“ bei Hansi Piel, im „Fortschritt“ und in der Gaststätte von Fred Maaß im Vorwärtsheim, wo er bei seiner Verwandtschaft auch wohnen durfte. Nach Lehre und Armee durfte Sommerlatte endlich bei der HO in seinem Wunschberuf arbeiten, bildete sich parallel an der Abendschule zu Kellner, Koch und Gaststättenleiter fort. Seine ersten Schritte in der Küche ging er im Ausflugslokal „Weidmannsheil“ am Rosengarten unter Leitung von Heinz Angermann. „Als die Gaststätte umgebaut wurde, arbeitete ich im Lindencafé bei Peter und Bärbel Block.“

In mehreren Einrichtungen gearbeitet

Später folgten Einsätze in der „Goldenen Kugel“, im Indianerdorf bei Lilo Fabich, im Kreiskulturhaus, bei den jährlichen Rosenfesten und Urlaubsvertretungen in der „Grubenlampe“, in der „Tanne“ und im „Kaiser“. 1977 half der junge Mann auch bei den Box-Europameisterschaften in Halle aus.

Anschließend ging Sommerlatte zum VEB Naherholung, schwang den Kochlöffel im „Sportlereck“ neben der Bruno-Hinz-Halle, im „Paradies“ und im Gästehaus der Stadt Bernburg, der heutigen Waldklinik.

1982 läuteten die Hochzeitsglocken. Um mehr Zeit für Ehefrau und Tochter zu haben, begann er als Kraftfahrer bei der Stadt. Die Ehe hielt trotzdem nicht. So kehrte Sommerlatte in seinen Wunschberuf zurück, arbeitete unter Heinz Penzel im „Haus der Werktätigen“ und übernahm kurz nach der Wende den „Wilhelmsgarten“. 1995 wurde gleich nebenan das Kegelfreizeitcenter gebaut, Sommerlatte stieg als dessen von der Bernburger Freizeit GmbH (BFG) angestellter Leiter ein.

Auf der Kegelbahn fünf Hochwasser miterlebt

Fünf Jahre später folgte der erneute Sprung in die Selbstständigkeit mit Kegelfreizeitcenter, „Tiergartenschenke“, MS „Saalefee“ sowie einjährigen Kurzauftritten in Peißen und dem Vereinsheim der Gartensparte „Steinbach“. Auf der Kegelbahn, später um Bowlingbahn erweitert, erlebte er fünf Hochwasser mit - und verlängerte den im September 2016 auslaufenden Vertrag nicht mehr, weil sich Pacht, Mindestlohn und steigende Energiekosten nicht mehr rechneten.

Fürs Altenteil fühlte sich Sommerlatte aber noch zu jung. So stürzte er sich in ein letztes gastronomisches Abenteuer, übernahm das Café im Nicolaimarkt, dann auch die Kantine des Salzwerkes.

Gemischte Gefühle über die Zukunft der Gastronomierbranche

Mittlerweile Rentner, ist der 66-Jährige gern mit dem Fahrrad im Saaletal unterwegs, unternimmt Touren nach Plötzkau und Alsleben. „Ich schaue unterwegs auch gern den Anglern zu“, sagt er. Die Zukunft seiner Branche sieht er mit gemischten Gefühlen.

Einerseits sei es schön, sein eigener Chef zu sein, den Ideen freien Lauf lassen und die Gäste glücklich machen zu können. Andererseits wisse er auch, dass immer weniger Menschen ihr Geld in Gaststätten ausgeben. „Sie sparen lieber für ein großes Auto oder Reisen.“ Ganz die Finger lassen von seiner Berufung kann Ralf Sommerlatte dann doch nicht. Er unterstützt Mirko Gödicke zeitweise noch im Kegelfreizeitcenter, für das die BFG weiterhin einen privaten Pächter sucht. (mz)