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Umsatzplus bei Händlern Umsatzplus im Fahrradcenter Grohmann Bernburg minus bei Vermieter Bikes 'n more: Licht und Schatten durch Corona

Von Franz Ruch 20.05.2020, 09:56
Ein Profiteur der Krise: Der Bernburger Fahrradladen-Besitzer Mirko Grohmann.
Ein Profiteur der Krise: Der Bernburger Fahrradladen-Besitzer Mirko Grohmann. Engelbert Pülicher

Bernburg - Stornierte Reisen, geschlossene Gaststätten, abgesagte Fußballspiele - Verlierer der Corona-Krise finden sich momentan zuhauf. Doch was tun die Bernburger, wenn sie nicht in den Urlaub fliegen oder Essen gehen können? Unter anderem Fahrradfahren, wie die Situation der Bernburger Fahrradläden zeigt. Als „Krisengewinner“ können sich trotzdem nicht alle bezeichnen.

Nicht trotz, sondern wegen der Pandemie hat sich der Umsatz erhöht

„Wir sind ganz klar Gewinner der Krise“, sagt Mirko Grohmann. Seit 2009 ist er Geschäftsführer und seit 2015 Inhaber des „Fahrradcenters M. Grohmann“ in Bernburg. Die Corona-Krise präsentiert sich für den 49-Jährigen als zweischneidiges Schwert.

„Die gesundheitlichen Aspekte sind natürlich bedenklich“, sagt er. Und dennoch: Nicht trotz, sondern wegen der Pandemie habe sich sein Umsatz sowohl in der Werkstatt als auch im Verkauf in den vergangenen Monaten fast verdreifacht.

Der Segen in Form von reichlich zahlender Kundschaft kam schnell aber unverhofft. „Als die Krise angefangen hat, hatte ich schlaflose Nächte, dass es gegen den Baum geht“, sagt er. Dann sei aber doch alles ganz locker gelaufen. „Wir hatten nur einen Tag zu, weil keiner wusste was los ist.“

Schnell folgte der Beschluss, dass Fahrradwerkstätten weiter geöffnet haben dürfen. Wenig später konnte auch der Verkauf wieder starten. Zwar habe dem Verkaufsgeschäft der halbe Monat März gefehlt, der Verlust wurde aber im April in kürzester Zeit wieder eingeholt.

Der Verlust vom März wurde durch den Umsatz im April wieder wettgemacht

Doch warum strömen die pandemiegeplagten Bernburger in Scharen in den Fahrradladen? Für Mirko Grohmann eine logische Konsequenz der Ausnahmesituation: „Bei vielen sitzt das Geld lockerer“, sagt er. Weil reihenweise Urlaube gestrichen, Fußballspiele verschoben und Veranstaltungen abgesagt wurden, würden die Bernburger ganz bewusst ihr Geld in das Zweirad-Hobby investieren.

„Es bleibt ja nicht viel über“, so Grohmann, „Für viele findet der Urlaub dieses Jahr auf dem Fahrrad statt.“ Das neu entdeckte Hobby Radfahren in Verbindung mit der locker sitzenden Brieftasche führt derweil auch zu kuriosen Phänomenen.

So habe Ladenbesitzer Grohmann beobachtet, wie Kunden gleich mehrere neue Fahrräder für die ganze Familie kaufen. Auch kostspielige E-Fahrräder seien sowieso im Trend, und jetzt erst recht gefragt.

Fahrrad-Verleiher Jürgen Zopes denkt über Schließung nach

Von einem „Krisengewinner“ sieht sich Jürgen Zopes unterdessen meilenweit entfernt. „Mir fehlen jeden Monat 70 Prozent Umsatz“, sagt er. Der Inhaber des Fahrradladens „Bikes ’n more“ am Markt in Bernburg mache einen Großteil seines Geschäfts nicht mit dem Verkauf, sondern mit dem Verleih von Fahrrädern.

Dafür kooperiere er mit Jugendherbergen, dem Campingplatz oder Hotels in Bernburg. Da diese krisenbedingt Pause haben, muss auch Zopes Fahrradverleih Pause machen – mit gravierenden Folgen für seine betriebliche Existenz. „Ich weiß nicht, wie ich den Verlust aufholen soll. Eine Schließung kann jederzeit passieren.“

Was ihn von Woche zu Woche rette, seien vor allem Werkstattarbeiten. „Die Leute, die Fahrräder haben, nutzen die Zeit zur Kontrolle und Wartung“, sagt er. Viele seiner Kunden seien selbst von Kurzarbeit betroffen und würden sich nun ihren eingestaubten Drahteseln zuwenden, statt neue zu kaufen.

Die Beschäftigung mit den „alten Schätzen“, wie Zopes sie nennt, habe ihm ein paar unfreiwillige Kunden beschert: „Viele haben versucht, zu Hause selbst was zu erledigen und haben sich in die Nesseln gesetzt“, sagt er.

Weil viele Ersatzteile für Räder in Asien produziert werden, gibt es Engpässe

So unterschiedlich die Situation in den Geschäften von Mirko Grohmann und Jürgen Zopes ist, beide eint eine schmerzliche Folge der Corona-Krise: Lieferengpässe bei Ersatzteilen. Davon werde die Mehrheit in Asien produziert und nach Deutschland importiert - solange die Lieferketten funktionieren. „Der ganze europäische Markt ist abgegrast“, sagt Mirko Grohmann, „Und die richtige Welle kommt erst noch.“

Vor allem was häufig gebraucht wird, habe Jürgen Zopes kaum noch vorrätig. „Exoten sind noch auf Lager“, sagt er und meint damit Hersteller, deren Fahrradteile in der Masse weniger gefragt sind. Dagegen seien beispielsweise Teile des japanischen Herstellers Shimano nur sehr schwer zu bekommen. „Deren Produktion stand sechs bis acht Wochen still“, so Zopes.

(mz)