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Tag des Notrufs Tag des Notrufs: Die Staßfurter Notrufleitstelle ist ein Fall für drei

Von Magdalena Kammler 10.02.2016, 18:36
Auch Tino Puder arbeitet hier und nimmt eingehende Anrufe entgegen,
Auch Tino Puder arbeitet hier und nimmt eingehende Anrufe entgegen, Engelbert Pülicher Lizenz

Stassfurt - Der Sturm am Montag hat seine Spuren hinterlassen. Durch die starken Boen kippt auf der A 14 der Anhänger eines Lkw um. Ein Fall für die Staßfurter Notrufleitstelle. Hier kommen alle Anrufe aus dem Salzlandkreis an. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr ist der Leitstand mit mindestens drei Mitarbeitern besetzt. Platz haben bis zu sechs Personen in dem Raum des verglasten Gebäudes an der Lehrter Straße. Diese Kapazität braucht die Kreiseinsatzleitstelle auch, denn in Katastrophensituationen wird aufgestockt, wie während des Hochwassers vor knapp drei Jahren.

Arbeit in Schichten

Tino Puder arbeitet hier seit zwei Jahren. Zum Schichtwechsel um 13.30 Uhr beginnt er seinen Arbeitsalltag. Nach acht Stunden kommt dann die Ablöse. Auch bei seinen Kollegen Jürgen Gehrke und Klaus Aßmann. Wenn man jeden Tag mit Fällen konfrontiert wird, bei denen das Leben am seidenen Faden hängt, muss man ein dickes Fell haben. „Wir können das nicht an uns heranlassen, sonst geht man daran kaputt“, sagt Klaus Aßmann. Der 60-Jährige weiß, wovon er spricht. Seit 23 Jahren arbeitet er in diesem Beruf, vorher beim Rettungsdienst des DRK Schönebeck, nun im Leitstand in Staßfurt.

Um die Notrufnummer 112 koordinieren zu können, braucht es nicht nur einen Lehrgang als sogenannter Leitstellendisponent. Zusätzlich wird die Ausbildung zum Rettungssanitäter und die Position des Gruppenführers einer freiwilligen Feuerwehr verlangt. Und obwohl die drei Herren den ganzen Tag „nur telefonieren“, erfordert ihr Alltag eine große Portion Konzentration und technisches sowie fachliches Wissen. Denn nachdem der Anruf eingeht, muss zunächst eingeschätzt werden, ob der Brandschutz, der Rettungsdienst oder der Katastrophenschutz benötigt wird. Bei einem Wohnungsbrand zum Beispiel müsse sowohl der Brandschutz als auch der Rettungsdienst benachrichtigt werden, also Feuerwehr und ärztliche Hilfe.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie, welche Notfälle zum Alltag der Notrufzentrale gehören.

Neben dem Lkw-Unfall auf der Autobahn hat der Sturm zum Glück keine weitreichenderen Folgen. Arbeit gibt es trotzdem genug in der Notrufzentrale: „Bei einem Arbeitsunfall verletzte sich jemand mit einer Säge“, erzählt Jürgen Gehrke. Und auch viele altersbedingte Notfälle beschäftigen die Männer hinter der 112-Nummer an diesem Nachmittag. So muss ein Patient wegen eines Herzkatheters von Staßfurt nach Schönebeck verlegt werden. Derartige Fälle gehören zum Alltag der Einsatzleitstelle.

200 Einsätze pro Tag

Insgesamt kommen in 24 Stunden ungefähr 200 Einsätze zusammen. „Es rufen aber auch viele an, die sich einfach einen Streich erlauben“, berichtet Tino Puder. Oder jene, die ein überfahrenes Wildtier melden möchten. Letztere Anrufer werden in der Regel an die Polizei verwiesen. Denn für ein totes Wildschwein ist die Notrufzentrale nicht zuständig. Manchmal fragen auch Hundebesitzer, ob ihr weggelaufener Liebling gefunden werden kann.

Im vergangenen Jahr gab es im Salzlandkreis insgesamt 37 000 Einsätze der Notfallrettung, 2500 Feuerwehreinsätze und zum Glück keinen Katastrophenfall. Zuletzt wurde vor knapp drei Jahren so eine Katastrophe ausgerufen, als das Hochwasser die Region überraschte und überflutete.

Durch die Einsätze in der Vergangenheit konnte statistisch errechnet werden, wie viel Einsatzkräfte vor Ort im Salzlandkreis benötigt werden. So befinden sich heute im Landkreis zehn Standorte mit Rettungswagen, fünf Standorte mit Notärzten und dreizehn Gebietskörperschaften der Feuerwehr.

Bis ein Rettungswagen am Geschehen eintrifft, darf es laut Gesetz in Sachsen-Anhalt nicht länger als zwölf Minuten dauern, beginnend beim Eingang des Notrufs. Ein Notarzt muss innerhalb von 20 Minuten vor Ort sein.

„Und manche Eltern glauben auch, dass ihr Handy trotz Tastensperre in den Händen der Kinder sicher ist. Der Notruf funktioniert allerdings immer, auch bei einer Tastensperre“, weiß Tino Puder. Jene Anrufer, die einen Einsatz auslösen und dadurch Kosten und Zeit der Feuerwehr oder der Rettungsdienste verursachen, werden strafrechtlich verfolgt. Da jeder Anruf registriert und im Computersystem gespeichert wird, kann so der Verursacher gefunden und seine Tat geahndet werden. Danach kümmert sich dann der jeweilige Aufgabenträger um den Fall, also zum Beispiel die Feuerwehr.

Beruf als Berufung

„Aber diese Fälle von Missbrauch gibt es zum Glück nur selten“, sagt Gert Lehmann, der Chef der Kreiseinsatzleitstelle. Der 51-Jährige arbeitet mit Leidenschaft. Sein Beruf ist für ihn eine Berufung. Angefangen hat alles im Alter von vier Jahren: „Damals habe ich gesehen, wie ein Haus in der Nachbarschaft abgebrannt ist. Seitdem wollte ich Feuerwehrmann werden“. Und aus diesem Wunsch wurde später Realität. Heute koordiniert er die Arbeit in der Staßfurter Notrufzentrale, die seit der Gebietsreform im Jahr 2007 für den gesamten Salzlandkreis zuständig ist.

Der Leitstand ist mit einer digitalen Türsicherung ausgestattet. Und auch das Herz in der Zentrale - der Technikraum - wird natürlich besonders geschützt. Wenn der Strom im gesamten Gebäude ausfallen würde, bieten sogenannte unabhängige Stromversorgungsgeräte genügend Energie, bis die Aggregate des Hauses anspringen. Und selbst die analoge Telefonanlage hat nicht ausgedient: Denn man weiß ja nie, was für ein Notfall eintritt. Und mit Notfällen kennt man sich in Staßfurt schließlich aus. (mz)

Die Leiteinsatzstelle befindet sich in Staßfurt an der Lehrter Straße.
Die Leiteinsatzstelle befindet sich in Staßfurt an der Lehrter Straße.
Engelbert Pülicher Lizenz
Tino Puder nimmt einen Anruf entgegen.
Tino Puder nimmt einen Anruf entgegen.
Engelbert Pülicher Lizenz
Klaus Aßmann arbeitet seit acht Jahren in der Kreiseinsatzleitstelle in Staßfurt und nimmt Notrufe aus dem Salzlandkreis entgegen.
Klaus Aßmann arbeitet seit acht Jahren in der Kreiseinsatzleitstelle in Staßfurt und nimmt Notrufe aus dem Salzlandkreis entgegen.
Engelbert Pülicher Lizenz