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Strumpfärztin praktiziert nur noch bei Privatpatienten

Von KATHARINA THORMANN 23.02.2009, 16:18

BERNBURG/MZ. - Heute ist das Repassieren, das aus dem Französischen übersetzt soviel bedeutet wie "Laufmaschen aufnehmen", aufgrund der günstigen Preise für das Strumpfwerk schon fast in Vergessenheit geraten. Deshalb blickt der Bernburger Kurier zurück zu den Anfängen der Stoffkliniken und ihren "Strumpfärzten".

"Elly Duschka" - das war das längjährige berufliche Zuhause von Anke Zabel aus Bernburg. Der volkseigene Betrieb (VEB) für Repassierdienste und Strickwaren hatte - als Konkurrenz zur "Strumpfklinik" - zunächst seinen Sitz in Ilberstedt und zog später nach Bernburg um. "Als ich als junges Mädchen aus der Schule kam, hat es sich ergeben, dass dort eine Stelle frei wurde", erinnert sich die 62-jährige Zabel an ihre Jugend zurück. Schnell lernte sie mit Nadel, Faden und natürlich mit der kleinen, motorisierten Nähmaschine zu hantieren und die Maschen zu reparieren. Denn beim Repassieren kam es darauf an, den Strumpf mit der Laufmasche über einen Metalltrichter zu stülpen und die Repassiernadel in eine Masche entlang der Laufmasche einzuhängen. "Neun bis zehn Mark kosteten damals noch die Strumpfhosen, deshalb hatten wir viel zu tun", weiß Zabel noch heute die genauen Preise.

15 Pfennig pro Masche

Und obwohl man deshalb noch pfleglicher als heute mit dem feinen Zwirn umging, kam es vor, dass sich eine Laufmasche auftrennte. Die Reparatur einer solchen Masche kostete damals zwischen 15 und 20 Pfennig, je nachdem, wie lang diese war. Jene Pfennigbeträge standen bei weitem nicht in Relation mit einem Neukauf. Darum war man froh, solche Repassiererinnen zu haben, die täglich mehrere Dutzend feinste Stoffhosen zusammenflickten.

Drei Grundfarben hatte man anfangs, erzählt Anke Zabel. Mehr gab es nicht. Doch im Laufe der Jahre bekamen die Strumpfhosen Farbe wie Hellblau oder Schwarz. Auch heute ist die Bernburgerin noch im Besitz ihres Nähgarns. Ob fleischfarbig oder Anthrazit - mit ihrem großen Repertoire an dem Zwirn kann die 62-Jährige auch heute noch die Maschen ihrer "kränkelnden" Strumpfpatienten retten. "Manchmal repariere ich sie auch noch. Aber meistens kaufe ich mir dann einfach eine Neue", muss sie gestehen.

Sommerloch in Strumpfwerkstatt

Trotzdem hat sich Anke Zabel nach der Schließung des Betriebes kurz nach der Wende die gut funktionierende Nähmaschine zugelegt, auch ein bisschen, um in alten Erinnerungen zu schwelgen: "Die Arbeit hat Spaß gemacht und wir haben uns untereinander gut verstanden." Wenn beispielsweise im Sommer nicht so viel los war, da die Damen bei schönem Wetter auf die Nylonhosen verzichteten, wurden die Repassiererinnen in anderen Bereichen der Firma eingesetzt. Den größten Kundenansturm hatten die Strumpfhosenexpertinnen zumeist im Frühjahr und Herbst - wenigstens diese Tragezeit hat auch heute noch Bestand.