Schuldnerberatung Schuldnerberatung in Bernburg der Kanzler von Pfau'schen Stiftung: 13 Prozent der Erwachsenen sind praktisch pleite

Bernburg - 6,9 Millionen Menschen in Deutschland sind überschuldet oder haben nachhaltige Zahlungsprobleme. Das ist jeder zehnte Erwachsene. Im Salzlandkreis ist die Schuldnerquote noch höher. Und sie steigt seit Jahren stetig an.
Im Vorjahr waren 13 Prozent der hier lebenden Volljährigen quasi pleite. Mit der bundesweiten Aktionswoche „Weg mit den Schulden“ wird auf diese Problematik aufmerksam gemacht. Auch die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen der Kanzler von Pfau’schen Stiftung in Bernburg und Aschersleben beteiligen sich daran.
Verbraucherinsolvenz allein löst nicht die Probleme
Um wieder aus dem Schuldensumpf herauszukommen oder am besten gar nicht erst hineinzugeraten, ist nach Auffassung der beiden Beraterinnen Kathrin Eley und Sabine Roßberg ein stärkeres Engagement des Staates nötig. Zwar finanziere das Land die Einleitung von Verbraucherinsolvenzverfahren durch die kostenlos in Anspruch zu nehmenden Beratungsstellen - aber eben nicht mehr.
Wichtig sei auch Präventionsarbeit an Schulen. Sachsen-Anhalt betrachte eine Beratungskraft für 66.000 Einwohner als ausreichend. Ein zu hoher Schlüssel, meinen Eley und Roßberg. Denn angesichts der genannten Schuldnerquote in der Region müsste sich ein Berater damit theoretisch um bis zu 8.550 Menschen kümmern.
Viele kommen erst zur Beratung, wenn Pfändungen oder Stromsperren drohen
Dass es zu dieser Überforderung nicht kommt, liegt an der Scheu der Betroffenen, ihre Probleme zu offenbaren. „Sie kommen meist erst, wenn’s brennt. Also wenn Konto oder Lohn gepfändet werden, die Stromsperre droht oder der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht“, sagt Kathrin Eley.
Ihr und der Kollegin falle derartige Lagen oft auf, wenn Menschen bei ihnen die Bankbescheinigung für ein pfändungsgeschütztes Konto beantragen. Dabei sei die Zurückhaltung der Schuldner gar nicht nötig. Eley versichert: „Wir behandeln die Betroffenen mit Respekt“.
Die finanzielle Situation belaste nicht nur das Konto, sondern auch die Gesundheit. „Schulden können krank machen und sind eine psychische Belastung“, sagt sie.
429 Menschen ließen sich 2017 wegen Schulden beraten
Wer sich den Beraterinnen anvertraut - im Vorjahr waren es 429 Menschen - erhalte zunächst eine Analyse seiner finanziellen Situation. „Wie bei Peter Zwegat, nur ohne Flipchart“, erklärt Kathrin Eley. Alle Einnahmen und Ausgaben würden gegenübergestellt, dann werde eine Lösung erarbeitet.
Dazu gehören auch Gespräche mit den Gläubigern. Versuche, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, scheitern aber in 99,9 Prozent der Fälle. Schlichtweg deshalb, weil ihnen mangels Kapital keine verlässliche Rückzahlungsrate angeboten werden kann.
„Dazu kommt, dass die Schuldner meistens mehrere Gläubiger haben. Sie alle unter einen Hut zu bringen, ist schwierig“, sagt Sabine Roßberg. Dennoch gebe es Ausnahmen. Wie etwa bei einer älteren Dame, bei der absehbar war, dass künftige Rentensteigerungen das pfändungsfreie Einkommen überschreiten und somit der Kreditgeber damit bedient werden kann.
Außergerichtliche Einigung scheitert in den meisten Fällen
So lässt sich die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens vermeiden. Zwar sei der Schuldner dann seine Verbindlichkeiten los und könne nach sechs Jahren wieder schuldenfrei neu beginnen. Doch dieser Weg sei schon ein Stigma, sagt Kathrin Eley.
Denn die Insolvenz werde nicht nur für jedermann einsehbar im Internet bekannt gemacht, auch Banken und Finanzamt werden informiert, ein negativer Bonitätseintrag bei der Schufa inklusive.
Die Beratungsstelle in Bernburg, Altstädter Kirchhof 10, ist montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie montags und mittwochs auch von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Beratungstermine sind auch außerhalb dieser Öffnungszeiten möglich, Telefon 03471/35 20 39. (mz)
