Salzlandkreis Salzlandkreis: Hilft der «Tümmler» nicht, bleibt Fährmann ohne Arbeit
brucke/MZ. - Das Bild ist idyllisch, wert, als Stillleben festgehalten zu werden. Fest haben die Eispanzer am Saaleufer in Brucke die dortige Fähre gepackt. Der eiserne Griff aus Eis gewährt dem Gefährt keinen Ausweg. Wie eingeschweißt liegt es am Ufer.
Von Idylle kann bei Ronny Gneist keine Rede sein. Er ist Pächter der Fähre in Brucke. Die derzeitige Stille am Fährplatz treibt ihn an den Rand der wirtschaftlichen Existenz. "Es gibt immer mal im Jahr Zeiten, bei denen die Fähre nicht genutzt werden kann. Aber so lange wie derzeit stand sie noch nicht still, seit ich Pächter bin." Am 1. Februar hatte die Fähre ihre letzte Fahrt getan, seit dem 2. Februar liegt sie auf Brucker Seite am Ufer.
Der Pferdefuß am vom Wetter erzwungenen Müßiggang ist, dass Ronny Gneist, wenn er keine Personen und Fahrzeuge die Saale übersetzen kann, auch keinen Cent verdient. "Liegezeiten muss man übers Jahr hin immer mal einplanen - die lange Durststrecke jetzt trifft mich aber besonders hart", sagt Gneist. Denn die Brucker Fähre hat er erst Mitte vorigen Jahres von der Stadt Rothenburg gepachtet. "Normalerweise schafft man sich das Jahr über, besonders im Sommer, ein finanzielles Polster, von dem man im Winter beim Stillstand der Fähre leben kann." Aber genau dies sei ihm wegen der späten Fährenübernahme Mitte Juli nicht möglich gewesen.
Zum Jahresanfang dann schlug das Wetter zu: erst Hochwasser, dann kam das Eis. "Ich musste schon meine beiden Angestellten entlassen", erklärt Ronny Gneist. Am 1. Januar schickte er seinen Mitarbeiter Peter König und am 1. Februar seine mitarbeitende Mutter, Ingrid Gneist, in die Arbeitslosigkeit. Während Peter König bereits sein Arbeitslosengeld bekommt, muss Ingrid Gneist noch darauf warten: "Die Mitarbeiter auf dem Arbeitsamt arbeiten recht langsam. Ich war gleich, nachdem ich die Kündigung erhalten hatte, beim Arbeitsamt - das war am 7. Februar. Nun muss ich noch bis zum 28. Februar warten, dann darf ich meine Papiere abgeben, damit mein Arbeitslosengeld berechnet werden kann."
Ein bis zwei Tage, maximal eine Woche, könne man bei normalen Bedingungen ohne Fährbetrieb gut überstehen, meint Ronny Gneist. Aber alles, was länger dauere, gehe an die Substanz. Für ihn selbst bedeutet die jetzige Wartezeit, dass er ohne Einkommen da steht. Hartz-IV zu beantragen, steht für Ronny Gneist derzeit nicht zur Debatte. "Ich müsste erst mein Gewerbe abmelden, um es wieder anzumelden, wenn ich wieder fahren kann." Das sei ihm zu viel Bürokratie und koste auch noch Geld.
Die Hoffnungen von Ronny Gneist richten sich auf das Wasser- und Schifffahrtsamt in Magdeburg. Konkret auf den Eisbrecher des Amtes. Der "Tümmler" aber tümmelt sich momentan auf der Elbe - er war an das Dresdener Schifffahrtsamt ausgeliehen und brach in den vergangenen Tagen das Eis im Hafen von Aken. "Es gehört doch zu den Aufgaben des Schifffahrtsamtes, die Wasserstraßen frei zu halten", meint Gneist. Auf eine Anfrage sei ihm aber mitgeteilt worden, dass er den Einsatz des Eisbrechers selbst bezahlen müsse, wenn dieser auf der Saale bei Brucke eingesetzt werden soll. "Das kann ich mir einfach nicht leisten." Im vorigen Jahr sei der Eisbrecher hier gefahren, ohne dass jemand Geld verlangt hätte. Außerdem sei er nicht der einzige Fährmann, der wegen des Eises seinen Betrieb einstellen musste. "Auch die benachbarten Fähren liegen derzeit still und haben keine Einnahmen." Diesen Zustand könnte der Eisbrecher beenden.
Beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Magdeburg konnte die MZ am Mittwoch noch keine Stellungnahme einholen, da der Amtsleiter dienstlich verhindert war.