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Resonanz bei Messe ernüchternd Resonanz bei Messe ernüchternd: "Das ist ganz schlecht gelaufen"

Von Torsten Adam 25.01.2021, 09:56
Eine Präsenzmesse wie in den Vorjahren (Foto) war diesmal coronabedingt nicht möglich.
Eine Präsenzmesse wie in den Vorjahren (Foto) war diesmal coronabedingt nicht möglich. Gehrmann

Bernburg - „Das war vergebliche Liebesmüh“, bilanziert Hagen Langer die Teilnahme seines Bernburger Handwerksbetriebs an der ersten rein virtuellen „Daheimsein“. Habe die Firma Kälte-Klima Langer vor einem Jahr bei der Präsenzmesse im Sparkassenschiff wenigstens noch ein paar Gespräche mit Interessenten führen können, sei es diesmal leider zu keiner einzigen Kontaktaufnahme via Internet, E-Mail oder Telefon gekommen.

Fazit anderer Firmen ebenfalls enttäuschend

Ähnlich enttäuscht fällt das Fazit anderer Firmen zur jüngsten Rückkehrermesse aus. „Natürlich waren wir erfreut, dass die ,Daheimsein’ trotz Corona stattfinden konnte. Im Vorfeld erkundigten wir uns bei der Agentur für Arbeit, wie potenzielle Kandidaten auf die virtuelle Messe aufmerksam gemacht würden. Die angekündigten Werbemaßnahmen überzeugten uns, wir investierten Zeit, Mühe und Geld in die Präsentation unseres Unternehmens“, erklärt Diana Braune von der Saalemühle Alsleben die damit verbundenen Hoffnungen.

Doch das Ergebnis sei ernüchternd, kein einziger Kontakt zustande gekommen. „Bei einer Wiederauflage sollte das Gesamtkonzept überdacht werden“, empfiehlt Diana Braune.

19 Arbeitgeber, zehn Kontakte

„Das ist ganz schlecht gelaufen“, sagt auch Anja Hamblyn, Leitung Personalwesen bei Exte in Nienburg. „Wir hatten die Arbeitsagentur gebeten, wegen des Lockdowns die Internetseite bereits vor Weihnachten freizuschalten. Trotzdem hat nie jemand Kontakt zu uns aufgenommen.“

Dass eine rein virtuelle Veranstaltung nicht ankommt beim Zielpublikum, habe bereits die ebenfalls für Exte erfolglose Berufsfindungsmesse der Stadt Staßfurt im Oktober angedeutet.

Zugriffszahlen auf Internetseite stimmten optimistisch

Anja Huth, Geschäftsführerin der Arbeitsagentur, die die „Daheimsein“ organisierte, bedauert die schwache Resonanz. Ganze zehn Kontaktaufnahmen habe es insgesamt bei den 19 beteiligten Arbeitgebern gegeben.

„Dabei war ich mit den Zugriffszahlen auf die Internetseite, auch von außerhalb, gar nicht so unzufrieden“, sagt sie. 271 Besucher - davon 34 aus Berlin, aber auch aus Magdeburg, Hamburg, Dresden oder Nürnberg - haben sich jeweils durchschnittlich viereinhalb Minuten informiert und dabei sechs Unternehmensporträts aufgerufen.

„Bei einer Präsenzmesse kann man sich in die Augen schauen“

88 Mal klickten sie auch externe Links zu den Firmen. Vermutlich lag die Interessentenzahl noch um ein Drittel höher. „Diejenigen, die das Tracking über Cookies nicht erlauben, werden aber in der Statistik nicht mitgezählt“, sagt Arbeitsagentur-Sprecherin Heike Wunschik.

Warum die Besucher dann nicht den nächsten Schritt gegangen sind und die Unternehmen kontaktiert haben, versucht Anja Huth mit einer gewissen Hemmschwelle zu erklären: „Bei einer Präsenzmesse kann man sich in die Augen schauen und vorher entscheiden, ob einem der Gesprächspartner sympathisch erscheint.“

„Wegen Corona war die rein virtuelle Messe diesmal leider einziges Mittel der Wahl“

Das grundsätzliche Interesse sei im Vergleich mit den Präsenzmessen auch diesmal vorhanden gewesen. Zur seit 2017 veranstalteten „Daheimsein“ kamen im Dezember 2019 rund 240 Besucher, um sich bei 26 potenziellen Arbeitgebern umzuhören.

„Wegen Corona war die rein virtuelle Messe diesmal leider einziges Mittel der Wahl. Ganz ausfallen lassen wollten wir sie nicht“, sagt Anja Huth.

In Zukunft werde die Arbeitsagentur auf eine Hybridvariante, also eine Mischung aus Präsenz- und Online-Messe, setzen. Dann sollen interessierte Schüler aus dem Salzlandkreis nach Möglichkeit über die „Daheimsein“-Seite auch Praktikumsplätze bei hiesigen Firmen buchen können. Denn natürlich sei es effektiver, junge Leute für einen Verbleib in der Heimat zu begeistern.

Junge Leute wieder zurückholen - das ist schwierig

Wie schwierig es ist, sie später wieder zurückzuholen - diese Erfahrung hat auch Anja Hamblyn gemacht. Interessenten, die beispielsweise zur Arbeit nach Wolfsburg pendeln, lassen sich nicht in jedem Fall mit Argumenten von Kosten- und Zeitersparnis durch den Wegfall der Autofahrten und den günstigeren Lebenshaltungskosten hierzulande überzeugen.

Aber diese Vorteile gelte es mit dem höheren Lohnniveau in den Altbundesländern abzuwägen. Laut Arbeitsagentur pendelten Mitte 2019 mehr als 25.000 Menschen zu einer Arbeitsstelle außerhalb des Salzlandkreises.

„Vielen fehlt in der jetzigen Coronakrise zudem der Mut, den Arbeitsplatz zu wechseln“, hat die Exte-Mitarbeiterin in Vorstellungsgesprächen festgestellt. Ein wichtiger Faktor sei für Rückkehrwillige auch, dass der Partner gleichfalls einen attraktiven Job in der Region findet.

Nicht aussichtslos

Aussichtslos ist das Unterfangen gewiss nicht: Hagen Langer hat, wenn auch nicht dank der „Daheimsein“, ein kleines Erfolgserlebnis zu verzeichnen: Er schult jetzt einen jungen Mann, der in Hannover Flugzeugmechaniker gelernt hatte und wieder in seine Heimat zurückkehren wollte, zum Mechatroniker für Kältetechnik um. (mz)